Wenn wir mit Verwandten in Afghanistan telefonieren, sagen sie meist zu uns, wie gut wir es doch in Deutschland hätten. Im Gegensatz zu Afghanistan mag das vielleicht stimmen, dennoch fühlt man sich fremd.

Liegt es an uns, integrieren wir uns nicht genügend oder will man uns gar nicht als deutsche Bürger akzeptieren?

Es begann alles mit der sowjetischen Invasion in Afghanistan. Viele unserer Bekannten kamen im Krieg gegen die Sowjetunion um oder wurden bei Demonstrationen gegen die sowjetische Besatzung getötet. Die Lage in Afghanistan verschlechterte sich und viele Zivilisten, darunter auch die Familie meines Vaters, zogen nach Pakistan.

Nachdem der Krieg beendet war und die Mujahedin siegten, wurde mein Opa Sighbatullah Mujadiddi für drei Monate Präsident des islamischen Staates Afghanistan. Der Rest der Familie

blieb auch nach dem Krieg in Peshawar, da sie sich dort, wie die meisten afghanischen Familien, ein neues Leben aufgebaut hatten. Deswegen wird Peshawar auch "Klein Kabul" genannt. 1981 kam mein Vater mit meinem Onkel nach Hamburg, zehn Jahre später heiratete er meine Mutter in Peshawar und brachte sie nach Hamburg. Seitdem leben wir hier, aber dennoch gibt es Momente, in denen ich mich von der Gesellschaft hier ausgeschlossen fühle. Ich fühle mich nicht akzeptiert als das, was ich bin. Da hat es offenbar einen Wandel in den vergangenen Jahren gegeben. Meine Eltern erzählen, dass sie in den 80er-Jahren kaum Ausländerfeindlichkeit erlebt hätten.

Doch heute müssen wir uns fragen lassen, warum wir ein so gutes Leben ohne finanzielle Schwierigkeiten führen können. Aufgrund der Wirtschaftskrise sind viele Deutsche offenbar der Meinung, dass Ausländer den Einheimischen die Arbeitsplätze wegnehmen.

Wir merken, auch, dass sich zum Beispiel das Verhalten unserer 26 Mitarbeiter uns gegenüber verändert. Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen zeigt sich, wie ausländerfreundlich Deutschland wirklich ist. Jetzt, wo das Geld bei jedem knapp wird, fragen sich viele, und auch unsere Mitarbeiter, warum unser Unternehmen einem Ausländer gehört, der mit nichts nach Deutschland kam.

Sie fragen sich nicht, wie ein Ausländer es geschafft hat, ein Unternehmen aufzubauen, sondern sehen nur neidisch, was dieser erreicht hat. Dass man vieles opfern und hart dafür arbeiten muss, wird selten berücksichtigt. Ich finde, man muss wissen und respektieren, dass wir auch ein Teil Deutschlands sind. Genauso wie die anderen Bürger der Bundesrepublik Deutschland gestalten wir die Zukunft mit. Gerade deswegen sollte man uns nicht als Ausländer sehen, sondern als Mitbürger, die zur Gesellschaft gehören, sie mittragen und mitgestalten.

Sahab Mujadiddi, 9/3

Heinrich-Heine-Gymnasium