Vincent-Konstantin Häntzsch lebte 16 Jahre lang in Dubai. Erst dieses Jahr zog er mit seinen Eltern nach Hamburg. Und musste sich ganz schön umstellen.

Sechzehn Jahre lang waren mir Wüstensand und Rennkamele vertrauter als Wiesen, Wälder und schwarz-weiße Milchkühe, denn bis August 2009, also zeit meines Lebens, wohnte ich in Dubai. Als es dann Anfang dieses Jahres hieß, wir ziehen nach "good old Germany", genauer gesagt nach Hamburg, war ich nicht gerade begeistert.

Mein ganzes Leben hatte ich bisher in einer anderen Kultur nach dem Mondkalender gelebt. Natürlich hatten wir deshalb auch mehr Feiertage, also schulfrei, denn zu unseren christlichen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten kamen dann noch die Eid-Feiertage, die nach dem Fastenmonat Ramadan gefeiert werden, hinzu.

Während des Ramadans durften wir nicht in der Öffentlichkeit essen, in unserer Schule gab es daher einen Pausenraum nur für fastende Schüler. Viele Restaurants bieten deshalb von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nur Lieferungen an und ich habe so manchen Hamburger auf dem Klo von McDonald's heimlich essen müssen, damit niemand mich rügen kann.

Daran denke ich jetzt des Öfteren mit einem Schmunzeln zurück, wenn ich tagsüber in einem Fast-Food-Restaurant sitze.

Zehn Jahre trug ich wacker meine Schuluniform, hellblaues Hemd zu dunkelblauer Hose, morgens brauchte ich zwei Minuten zum Anziehen. Hier sind es mindestens zehn, denn jetzt habe ich die Qual der Wahl.

Das gefällt mir, denn ich kann total unterschiedliche Klamotten anziehen und mein Kleidungsstil ist endlich individuell.

Obwohl wir in Dubai alle Uniformen tragen mussten, versuchten sich doch einige durch ihre elektronischen Geräte, also Mobiltelefone, Blackberries und iPhones, interessant zu machen, und es gab so manchen Mitschüler, der jeden Monat ein neues Telefon bekam und mehr Taschengeld im Monat ausgeben konnte als ein Bankangestellter.

Meine Freunde, die ich allesamt in der Wüste zurücklassen musste, waren eigentlich ziemlich normal. Sie kamen aus den unterschiedlichsten Ländern und gehörten unterschiedlichsten Religionen an: Es gab Buddhisten, Muslime, Katholiken, Christen, Sikhs und Hinduisten.

So ist es auch hier an der Schule und mir gefällt, wie offen und tolerant wir an der Internationalen Schule in Hamburg miteinander umgehen.

Natürlich wollte ich zunächst mein gewohntes Umfeld nicht aufgeben und wehrte mich mit Händen und Füßen gegen unseren Umzug. Ich konfrontierte meine Eltern mit dem Plan, die letzten beiden Schuljahre bei einem Freund und dessen Familie zu wohnen. Meine schulischen Leistungen ließen nach, ich sabotierte die Umzugspläne meiner Eltern, wo ich nur konnte. Dann aber kam uns doch noch der Zufall zu Hilfe.

Klar, ein Neuanfang ist immer schwer, denn du weißt nicht, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt und ob du auch wirklich auf Leute triffst, mit denen dich etwas verbindet.

Aber heute weiß ich, alles braucht Zeit und wenn man nichts wagt, dann gewinnt man auch nichts, natürlich auch keine neuen Freunde.

An den Wochenenden gehe ich jetzt auf Partys oder treffe mich mit meinen Klassenkameraden und wir unternehmen etwas gemeinsam.

Hamburg ist wirklich spannend, oft sensationell schön und vor allem wahnsinnig grün. Es gibt unendlich viel zu entdecken, und so möchte ich nach vier Monaten auch nicht mehr in die "Plastic fantastic"-Wüste von Dubai zurück.

Vincent-Konstantin Häntzsch, 11

Internationale Schule Hamburg