Schätzungen zufolge verletzen sich ein Prozent der Bevölkerung in Deutschland selbst. Von den Jugendlichen hat es jeder Vierte schon einmal ausprobiert, und jeder Zehnte tut es regelmäßig. Mädchen und junge Frauen sind am häufigsten betroffen. Die häufigste Art der Selbstverletzung ist das Schneiden (Ritzen). Ritzen verbinden die meisten Leute automatisch mit Jugendlichen, die in einer Phase ihrer Pubertät Aufmerksamkeit erregen und sich wichtig machen wollen.

Ich habe vor ungefähr zweieinhalb Jahren angefangen, mich selbst zu verletzen. An den genauen Auslöser kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich denke, es war eine Mischung aus Neugier und Verzweiflung. Heute würde ich diesen Fehler gern rückgängig machen.

Lange Zeit habe ich mich selbst belogen und mir eingeredet, ich könnte jederzeit mit dem Ritzen aufhören. Aber auf der anderen Seite brauchte ich es oft, um gegen diese Leere und Gefühllosigkeit in mir zu kämpfen. Ohne dass ich es gemerkt habe, hat das Ritzen einen riesigen Platz in meinem Leben eingenommen. Und es ist schwer, wieder aufzuhören und andere Wege zu finden, um sich besser zu fühlen. Ich weiß, dass Selbstverletzung keine Probleme lösen kann, sondern sie eher noch verschlimmert, aber wenn ich mich richtig schlecht fühle, ist es, als wäre mein Gehirn ausgeschaltet.

Mittlerweile bin ich in Therapie, da ich es alleine nicht geschafft habe, aufzuhören. Es hat lange gedauert, bis ich mir selbst eingestehen konnte, dass ich professionelle Hilfe brauche. Schließlich ist das nichts, worauf man stolz sein kann. Noch heute habe ich manchmal das Bedürfnis, mich wieder zu ritzen, sei es bei Stress oder Streit mit Freunden. Ich versuche, mich dann abzulenken und möglichst nicht allein zu sein. Wenn ich es doch wieder gemacht habe, denke ich an mein Ziel: ein Leben ohne Selbstverletzung.

Dörte S., 10

Gesamtschule Blankenese