Die Sängerin China Moses erkundet die Rock-'n'-Roll-Seite des Jazz. Beim Festival tritt sie am 14. Mai mit Liedern der großen Dinah Washington auf.

Der Jazz, der mit dem musikalischen Nachwuchs heute aus den Hochschulen gespült wird, ist vielfach sauber, unbefleckt, ohne Laster, technisch perfekt, oft brillant, manchmal aber auch seelenlos. Mit dieser Art von Jazz hat China Moses nichts im Sinn. Stolz führt sie auf ihrer MySpace-Seite ein Ikonen-T-Shirt vor mit dem Schriftzug "Aretha", "Nina", "Tina" und "Diana". Große Stimmen. Teils gebrochene Charaktere. "Ich bin vom Soul geprägt", sagt China Moses. "Ich liebe Rhythm 'n' Blues."

Seit sie für ihre Ella-Fitzgerald-Hommage "Dear Ella" vor mittlerweile 13 Jahren mit einem Grammy dekoriert wurde, hat sie sich mit ihrer Powerstimme und ihrem frischen Zugang zum Jazz-Kanon ein eigenes Profil ersungen. Ganz nebenbei gelang es der französischen Sängerin, aus dem gigantischen Schatten ihrer Mutter, Jazz-Diva Dee Dee Bridgewater, zu treten. Nebenbei surft die Vielseitige als MTV-Moderatorin im französischen TV auch höchst unterhaltsam durch Entertainmentwelten.

Auf ihrem aktuellen Album "This One's For Dinah" verbeugt sie sich tief vor der Sängerin Dinah Washington, wie sie sagt, "um den Rock 'n' Roll in den Jazz zurückzubringen". Das gelingt ihr mit den lasziven Arrangements des 50er-Jahre-Jazz. Und ihrer zwischen dynamisch und feinnervig schwankenden Stimme. Mal in einem Blues wie "Cry Me A River" oder in dem schläfrigen Klassiker "What A Difference A Day Makes". Moses versprüht einen Hauch jener Lässigkeit, die dem Jazz früher innewohnte. Damals, als er sich noch in Kellern voller Rauchschwaden seinen Weg zum Hörer bahnte. Als er noch unangepasst und ausschweifend und definitiv nichts für Streber war.

Der von China Moses so verehrten Dinah Washington wurde diese Attitüde zum Verhängnis. Sie starb mit nur 39 Jahren 1963 an einer Überdosis Diättabletten und Alkohol nach einem Leben voller Zerrissenheit. Laut China Moses liebte vor allem das schwarze Publikum die mehrdeutigen Texte der Washington. Sie selbst legte als Kind bei ihrer Großmutter die Platten heimlich auf und sog den afroamerikanischen Blues tief in sich ein. China Moses spielt mit dem Stil der Sängerin und kreiert daraus doch etwas ganz Eigenes. Flankiert wird sie dabei wie immer vom Quartett ihres Partners, Arrangeurs und Pianisten Raphael Lemonnier. Ein wenig von dem wohldosiert verruchten Timbre der China Moses dürfte am 14. Mai auch durch das ZeitHaus wehen.

China Moses 14.5., 20 Uhr, ZeitHaus