Sie war die einzige Frau unter Männern: Ingrid Westphal-Lamp'l, Tochter des Verlegers und langjährige Redaktionsleiterin.

Das frisch zur Stadt gekürte Ahrensburg und die Ahrensburger Zeitung schickten sich 1949 an, die Zukunft zu erobern. Ausgebombte Hamburger, aus dem Osten geflüchtete Schlesier, Ost- und Westpreußen, Pommern, Sachsen und Berliner hatten die Einwohnerzahl von etwa 3500 auf über 10 000 empor schnellen lassen. Verleger Edgar Lamp'l hatte Verständnis für die Neubürger. Stand er doch auch bei Kriegsende vor dem Nichts. Der "Rothenburgsorter Lokalanzeiger" war 1941 im Zuge der Gleichschaltung der Presse eingestellt worden und die väterliche Rotationsdruckerei im Bombenhagel untergegangen.

Edgar Lamp'l hatte eine Vision: eine kleine Zeitung herauszugeben, die mit der Berichterstattung beginnt, wo die großen Zeitungen aufhören, Ereignisse aus dem täglichen Umfeld, Sorgen, Erfolge, Hochzeiten, Jubiläen, Geschäftseröffnungen, all das sollte ein Echo in der Heimatzeitung finden: "Der Leser muss fühlen, dass uns seine Anliegen am Herzen liegen."

Die Familie lebte seit 1938 am Achterkamp in Schmalenbeck. Edgar Lamp'l nahm Kontakt mit den großen Hamburger Druckereien auf. Ehefrau Johanna machte den Telefondienst, nahm die Anzeigen entgegen und betreute die vielen jugendlichen Austräger. Die jüngeren Töchter Lydia und Erika radelten einmal im Monat nach Hoisdorf, Siek und Meilsdorf und kassierten das Abonnementgeld. Erika holte von den drei Ahrensburger Kinos jede Woche die Anzeigen ab. Ihr Lohn: freier Eintritt.

Lokalchef war Otto Richter, der lange Jahre Pressechef bei der Ufa gewesen war. Ich hatte anfänglich eine eher "tragende Rolle". Die Zeitung wurde in Rahlstedt gedruckt. Ich musste den Bleisatz aus einer Druckerei an der Hasselbrookstraße abholen und durfte in Rahlstedt nach dem Umbruch Korrektur lesen. Dann verpackte ich die Zeitungsbündel, und mit einem Lehrling ging es mit dem Bollerwagen zum Bahnhof. In Ahrensburg wartete entweder ein Taxichauffeur oder aber mein Vater selbst und lieferte die Zeitungspakete in den Verkaufsstellen an.

Nach zwei Jahren, Otto Richter wechselte zur Hamburger Morgenpost, übertrug mein Vater mir die Leitung der Lokalredaktion. Ich sollte sie 40 Jahre innehaben. Doch als Erstes lernte ich die Gesetze meines Vaters: Man muss die Menschen kennen, über die man schreibt (Das hieß, viele Sitzungen bis in die späte Nacht und dann mit dem Rad ins Schmalenbecker Zuhause). Man muss überparteilich sein. Man muss die Meinung anderer achten, auch wenn man sie nicht teilt. Jeder Ahrensburger muss einmal im Blatt stehen. Man befleißige sich einer gepflegten Sprache.

Mit dem Fahrrad fuhr ich durch Ahrensburg und suchte Geschichten. Das Amtsgericht war eine Fundgrube. Amtsrichter Weber zuzuhören, war ein Genuss. Wenn einer der Angeklagten gar zu viel gelogen hatte, meine Weber lakonisch: "Eh ich mich wundere, da glaub ich das lieber nicht." Und beim Sparclub "Blühauf" fehlte bei der Auszahlung der Kassierer, weil er in die Kasse gegriffen hatte.

Auf Versammlungen saß ich immer allein unter Männern. Einmal sprach mein Vater die Kluft an, die noch immer zwischen Alt- und Neubürgern bestand. Um ein gedeihliches Miteinander zu erreichen, schwebte ihm ein Heimatfest vor: "Man muss den Weg über die Kinder gehen, um die Herzen der Erwachsenen zu erreichen." Ergebnis: der Heimatring wurde gegründet, Dachorganisation aller Vereine, Verbände und Landsmannschaften.

1970 waren Stadt und Zeitung gleichermaßen wirtschaftlich gesund. Aber unser Vater war ein todkranker Mann. Als der Verlag Axel Springer Kaufabsichten äußerte, willigte mein Vater ein. Am 1. Juli 1970 wurde der Kaufvertrag unterzeichnet, sechs Wochen später verloren wir unseren Vater. Die Ahrensburger Zeitung lag nun dem Hamburger Abendblatt bei, erst einmal die Woche, dann zweimal und schließlich täglich. Der Einzugsbereich hat sich erheblich erweitert, auch in Glinde, Reinfeld und Reinbek finden sich Leser im Blatt wieder. In diesem Blatt, das der Vision eines engagierten Journalisten entsprang, mit Zähigkeit und Können verwirklicht wurde und heute fester Bestandteil der Presselandschaft ist.