St. Georg. Am Freitagnachmittag ist es immer besonders voll. Im Eingangsbereich der Haspa-Filiale am Hamburger Steindamm bilden sich endlose Schlangen vor dem Kassenschalter. Es wird wild durcheinander gesprochen: türkisch, russisch, deutsch, persisch.

Zwei Bankangestellte bedienen die Kunden, die sich ungeduldig vor dem Tresen versammelt haben. Die 22 Jahre alte Sanam Sarkarati ist eine der Angestellten. Die braunen Augen und die langen dunklen Haare verraten, dass die junge Frau südländischer Herkunft ist. Jedem ihrer Kunden schenkt sie zur Begrüßung ein freundliches Lächeln.

So auch einem dunkelhaarigen Mann mittleren Alters. Er tritt vor an den Schalter und begrüßt die junge Angestellte mit einem "Salaam" - das heißt "Guten Tag" auf Farsi, wie das ursprüngliche Persisch heißt. Drei Sätze werden in der fremd klingenden Sprache gesprochen, dann geht es auf Deutsch weiter. Der Herr bedankt sich, verabschiedet sich - wieder auf Farsi - und verlässt die Bank. Szenen wie diese spielen sich regelmäßig in der Sparkasse am Steindamm ab. Besonders nach dem Freitagsgebet, zu dem etliche Moslems aus ganz Hamburg in die vielen Moscheen nach St. Georg kommen, herrscht hier Hochbetrieb.

"Die iranischen Kunden haben sofort gemerkt, dass ich aus derselben Ecke komme wie sie", sagt die Auszubildende Sanam Sakarati und lacht. "Ich weiß nicht, ob man mir das wirklich ansieht, aber es hat sich ziemlich schnell herumgesprochen - und schon kamen sie zu mir, damit ich sie bediene." Ein wenig Smalltalk auf Farsi oder Aseri, der Sprache der Aserbeidschaner, das kommt gut an bei den Kunden. Und auch Sanam hat Freude an dieser etwas anderen Art von Kundenbindung.

"Zu Hause sprech' ich mit meiner Mutter auch Aseri, aber das ist oft stark mit Deutsch gemischt", sagt die junge Frau, die sich selbst als "Hamburger Deern" sieht. "Klar, ich profitiere schon stark davon, dass ich den einen oder anderen Kunden aufgrund meiner Herkunft besser verstehen kann", fügt sie hinzu. Iraner oder Aserbeidschaner in ihrer Muttersprache zu bedienen, das ist für Sanam kein Problem. Missverständnisse können vermieden werden, Vertrauen wird geschaffen. "Besonders die älteren Menschen brauchen ein wenig mehr Hilfe", sagt die Auszubildende. "Und wenn dann noch eine für sie fremde Sprache ins Spiel kommt, dann kann das schnell mal in die Hose gehen."

Doch nicht nur die besonderen Sprachkenntnisse sind für Sanam ein Vorteil, sondern auch ihre Fähigkeit, mit den Eigenheiten der Südländer umzugehen. Denn die seien teilweise schon gewöhnungsbedürftig. "Man muss damit klar kommen, dass man ab und zu mit der doch etwas einschüchternden Mentalität der Südländer konfrontiert wird", sagt die 22-Jährige. Hart müsse man dann bleiben und sich nicht verunsichern lassen. Als Vorbild dient Sanam ihr Kollege Mevlüt Sahan, ein Winsener türkischer Abstammung. Rund 30 Prozent seiner etwa 1400 Kunden haben den gleichen Hintergrund. "In diesem Kulturkreis baut sehr viel auf Empfehlungen auf, und dann hat man schnell ganze Familienverbände als Kunden", sagt der Betriebswirt. "Und das Vertrauen wächst eben, wenn sich die Kunden sicher sein können, dass sie bei einer Beratung auch wirklich alles richtig verstanden haben." Sahan ist über die Grenzen St. Georgs hinaus bekannt. Kunden nehmen weite Wege auf sich, um von ihm beraten zu werden.

Ein Ziel, dass auch Sanam Sarkarati sich gesetzt hat, denn sie fühlt sich wohl in der Rolle als Vermittlerin zwischen den Kulturen. "Ich habe sehr viel Spaß an der Arbeit in diesem multikulturellen Stadtteil. In diesem lockeren Umfeld einen guten Job zu machen - was will man mehr?"