Das Engagement für Straßenkinder oder Suchtkranke erfordert viel Fachwissen und Geduld.

Es war weder Geld noch eine strahlende Karriere, die Benthe Müller und ihre Kollegen im Kopf hatten, als sie sich für ihren Beruf entschieden. Es war das Gefühl, "hier etwas bewegen zu können, Menschen ganz real zu helfen und beizustehen". Benthe Müller ist Streetworkerin bei "Off Road Kids", einer überregionalen Hilfsorganisation, die sich Straßenkindern widmet. Als wesentliche Voraussetzung für ihren Beruf nennt sie Geduld und Einfühlungsvermögen. "Es dauert lange bis die Kinder und Jugendlichen Vertrauen fassen. Manchmal ist es schon ein Erfolg, wenn nach langer Ablehnung ein erstes Gespräch auf einen Kaffee klappt", erzählt sie. Als Niederlassungsleiterin hat Müller gerade in der Anfangszeit, als "Off Road Kids" vor vier Jahren nach Hamburg kam, das Misstrauen der Szene zu spüren bekommen. Inzwischen hat sich unter den Jugendlichen zwar herumgesprochen, "dass wir auf ihrer Seite stehen." Das ändert jedoch nichts daran, dass sie jedes Mal aufs Neue einen individuellen Zugang finden muss. "Das typische Straßenkind gibt es nicht", betont sie. "Es sind ebenso viele Mädchen wie Jungen, sie kommen sowohl aus gutem Hause als auch aus sozial schwachen Familien, sie hauen ab oder werden rausgeschmissen." Häufig flüchteten sie auch vor Gewalt oder Vernachlässigung, manchmal aber auch einfach vor massiven Streitereien. Und viele kommen aus ländlichen Gebieten in die Anonymität der Großstadt - wo sie dann oft genug ihr Überleben mit Bettelei, Prostitution oder Kleindiebstahl bestreiten. "Es ist nicht leicht, aus einen Strudel abwärts wieder herauszukommen", sagt Müller. "Dagegen ist es gar nicht so schwer, sich die Zukunft zu verbauen, indem man ein paar Jahre aussteigt und den Wiedereinstieg nicht schafft."

Diesen Wiedereinstieg versuchen Müller und ihre Kollegen den Straßenkindern zu ermöglichen. Dazu sind sie selbst dauernd auf der Straße: "Wir klappern die Szenetreffs ab, sprechen die Jugendlichen immer wieder an und verteilen unsere kostenlose Hotline-Nummer." Aus der sicheren Distanz am Telefon sind die Jugendlichen in der Lage, erste Gespräche zu führen, sodass Müller daraufhin die verschiedenen Hilfsangebote einleiten kann. Dabei geht es oft zunächst vor allem darum, sie von der Straße zu holen wo ihnen Gewalt droht oder das Abdriften ins Drogen- und Prostitutionsmilieu. Ein weiterer Schritt ist es, "mit ihnen eine Perspektive zu erarbeiten. Das kann die Rückkehr zur Schule sein, ein Ausbildungsplatz oder auch eine Alkohol- oder Drogentherapie." In anderen Fällen versucht Müller eine Wohnung für den Jugendlichen zu beschaffenoder ihm beim Umgang mit Ämtern zur Seite zu stehen. "Die Ansätze sind so vielschichtig, da müssen wir im Grunde auf ganz vielen Gebieten kleine Fachleute sein."

Müller hat nach ihrer Berufsausbildung zur Erzieherin Sozialpädagogik studiert. Ein für viele Sozialarbeiter typischer Weg, denn es gibt für diesen Job keinen Ausbildungsberuf. Aber es gibt das Studium "Soziale Arbeit" (siehe Kasten).