Schelmenstücke, Liebeserklärungen und Wahnsinnstiraden: gesungen, gesprochen, gespielt.

Wenn Deutschland, wo man sich immer noch gern als das Land der "Dichter und Denker" sieht, den Länderschwerpunkt eines Musikfestivals bildet, dann kommt einer Reihe mit dem Titel "Text und Musik" besondere Bedeutung zu. So finden sich nicht nur Romane, Briefe und Gedichte von Hebbel, Storm, Schiller, Eichendorff oder Hölderlin auf dem Programm, sondern es steht auch die erste Riege der deutschsprachigen Schauspieler- und Sprecher-Prominenz am Start: Christian Brückner, Christian Quadflieg, Peter Lohmeyer, Wolf Biermann, Bruno Ganz, Klaus Maria Brandauer, Herbert Feuerstein und Julia Stemberger. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass die Hälfte von ihnen aus Österreich kommt.

Ob und wie sich die Wirren einer Epoche in ihrer Musik und Dichtung spiegeln, erkunden Christian Brückner und die Hamburger Ratsmusik. Sie verbinden Grimmelshausens "Simplicissimus" aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges mit Musik von Praetorius und Scheidt (15.7. Bad Oldesloe).

Briefe und Musik von den beiden großen Jubilaren des Jahres 2009, Mendelssohn und Haydn, stehen im Mittelpunkt der Konzertlesung mit Peter Lohmeyer, dem Pianisten Andreas Fröhlich und dem Delian Quartett am 26.7. in Altenhof. Mendelssohn steht neben norddeutschen Künstlern auf dem Programm von Christian Quadflieg (24.7. Husum), der übrigens auch auf Helgoland liest (11.8. Helgoland). Und die Burgschauspielerin Julia Stemberger widmet sich am 9.8. in Travemünde zusammen mit dem Bariton Konrad Jarnot und dem Pianisten Alexander Schmalcz dem Schaustück aller "Text und Musik"-Veranstaltungen: Ludwig Tiecks Märchen "Die schöne Magelone" samt seiner von Johannes Brahms kongenial vertonten Gedichteinlagen.

Eine eher metaphysische Liebeserklärung steht im Zentrum der Lesung mit Bruno Ganz. Im Wechsel mit Paul Hindemiths Vertonung, vorgetragen von Christiane Iven und Liese Klahn, rezitiert Ganz die 13 Gedichte aus Rainer Maria Rilkes "Marienleben" (14.8. Kiel).

Niemand konnte so schön über die Deutschen schimpfen wie jene Dichter, deren Liebe zu ihrem Vaterland am schwersten enttäuscht wurde. So stammt die fulminanteste Tirade über die Teutonen von jenem Dichter der Heimat, den seine Desillusionierung in den Wahnsinn trieb: "Barbaren sind sie von alters her, durch Fleiß und Wissenschaft und selbst durch Religion barbarischer geworden, tief unfähig jeden göttlichen Gefühls", schrieb Friedrich Hölderlin im vorletzten Brief des "Hyperion".

Es ist kein Wunder, dass just Wolf Biermann, Querdenker von Berufs wegen und Protestpendler zwischen Ost und West, sich diesen Text für seine Lesung ausgewählt hat. Begleitet von Sonaten Georg Friedrich Händels trägt Biermann am 25.8. in Lübeck Hölderlins Suada über die Deutschen vor. Doch hält er sich an die Vorlage, so wird selbst Biermann enden müssen mit den Worten: "Versöhnung ist mitten im Streit und alles Getrennte findet sich wieder."