Wenn sich in früheren Zeiten die Städteplaner durchgesetzt hätten, sähe Hamburg heute anders aus. Ein Entwurf in einem Wettbewerb über Stadtkonzepte sah in den 50er-Jahren vor, die Innenstadt bis auf das Rathaus und die Kirchengebäude einzuebnen und stattdessen Hochhausreihen mit integrierten Grünflächen zu entrichten.

"Die aufgelockerte Stadtplanung der 50er-Jahre erklärt sich auch aus dem Bombenkrieg", erläutert Dr. Sandra Schürmann. Derzeit konzipiert die Historikerin für das Museum für Hamburgische Geschichte die Ausstellung "Multiple City - Stadtkonzepte 1908-2008 // Hamburg", die ab dem 15. Juli zu sehen ist.

Die Schau ist eine Übernahme aus dem Architekturmuseum der TU München, ergänzt um einen Hamburg-Teil. Anlass für das Museum für Hamburgische Geschichte, sich einmal ausführlich der Stadtplanung zu widmen, ist die Berufung Fritz Schumachers zum Oberbaudirektor vor 100 Jahren. Gezeigt werden große internationale Entwürfe, von der Gartenstadt Hellerau bis zur Idee vernetzter Regionen in der "Broadacre City" von Frank Lloyd Wright, aber auch extreme Überlegungen von der globalen Freizeitstadt. "Stadtplaner neigten zur Hybris, die Stadt retten zu wollen", sagt Dr. Schürmann. "Das hat aber nie funktioniert, weil das Geld fehlte, historische Ereignisse dazwischenfunkten oder die Realitäten komplizierter waren, als die Pläne vorsahen."

In der Hamburger Abteilung werden die Aspekte landschaftliche Gesamtplanung, städtische Identität und ihre Bautradition, Konsumwelten sowie Wohnen am Wasser und mit dem Hochwasser im Zentrum stehen. "Wir fragen danach, wie Planer über die Stadt gedacht haben. Welche Schichten von Stadtplanung sich streiten oder ein schönes Nebeneinander bilden", so Dr. Schürmann. Die Ablösung der Gründerzeitära durch die Industrialisierung veränderte auch die Architektur. Siedlungen sollten nicht mehr neben Fabriken stehen, die die Wohnungen verdreckten. Die Funktionen wurden getrennt. "Die Idee, in unmittelbarer Hafennähe wohnen zu wollen, war damals absurd", erzählt Dr. Schürmann. "Ottensen mit seinen Hinterhoffabriken, die wir heute hutschelig finden, trug damals den Spitznamen "Mottensen" als Hochburg der Tuberkulose."

Heute folgen Entwürfe eher dem Prinzip der Funktionsdurchmischung im Spannungsfeld zwischen Historie und Moderne. Dr. Schürmann: "Es gibt ja das schöne Elias-Canetti-Zitat: In einer wirklich schönen Stadt kann man nicht leben, sie nimmt einem die Sehnsucht."

Multiple City - Stadtkonzepte 1908-2008 // Hamburg 15.7. bis 15.11., Museum für Hamburgische Geschichte, Holstenwall 24, Di-Sa 10-17, So 10-18 Uhr.