Orchesterakademie: Wo der Nachwuchs mit großen Dirigenten arbeitet

Die Jugend wäre ein idealer Zustand, wenn sie ein bisschen später im Leben käme, hat ein britischer Politiker einmal gesagt. Das freche Paradox gilt für so manche Lebenslage. Für viele Profimusiker etwa bleibt die Zeit des Studiums die schönste ihrer Laufbahn: Fern aller Standardkategorien, in die das Mantra der Rentabilität Künstler und Veranstalter zwingt, können sie experimentieren, Unbekanntes aufführen oder einfach so gründlich proben, wie es später in freier Wildbahn kein Budget je wieder zulassen wird.

Eine solche Insel der Seligen ist die Orchesterakademie des Schleswig-Holstein Musik Festivals, die seit 2011 im Nordkolleg Rendsburg mit dem üppig ausgestatteten Probenraum auf dem Gelände der NordArt im benachbarten Büdelsdorf beheimatet ist. Aus aller Welt kommen die Bewerber, und wer sich einen Platz erspielt, der darf diesen Sommer sechs Wochen lang unter fünf erstklassigen Dirigenten und märchenhaften Probenbedingungen lernen und arbeiten - und zwischendurch in Kammerkonzerten der heimlichen Vorliebe von Orchestermusikern frönen.

Den Anfang in diesem Reigen macht der junge Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada. Er erarbeitet mit dem Orchester, dem Schleswig-Holstein Festival Chor ein rein deutsches Programm mit Werken von Wagner, Strauss und Mendelssohn (14.7. Lübeck, 15.7. Flensburg).

Der deutsche Dirigent und Komponist Matthias Pintscher dagegen mag's offenbar französisch. Er studiert mit dem Orchester sein Stück "La chute des astres I" für zwei Trompeten ein, das am 21. Juli in Rendsburg-Büdelsdorf seine Uraufführung erleben wird (Wiederholung am 22.7. in Hamburg), außerdem die "Rapsodie espagnole" von Ravel und die "Feuervogel"-Suite des Wahl-Franzosen Strawinsky.

Auch der Chinese Tan Dun dirigiert Selbstverfasstes. Zu seiner "Martial Arts Trilogy" werden Sequenzen aus den dazugehörigen Kampfkunstfilmen gezeigt - ein Gesamtkunstwerk eigener Art (11.8. Neumünster).

Manfred Honeck, Chefdirigent des Pittsburgh Symphony Orchestra, beschließt den Orchestersommer mit Bruckner und Mozart (18.8. Lübeck, 19.8. Kiel). Vorher aber dürfen die Musiker noch eine besonders ehrenvolle Verpflichtung wahrnehmen: Mit ihrem Principal Conductor Christoph Eschenbach gastieren sie bei den Salzburger Festspielen. Natürlich führen sie die Früchte der gemeinsamen Arbeit auch beim SHMF vor. Als da wären: Strauss' "Till Eulenspiegels lustige Streiche", Beethovens 3. Klavierkonzert mit dem Solisten Radu Lupu und das späte, erschütternd welthaltige "Konzert für Orchester" von Belá Bartók.

Orchesterakademie 10.7. - 23.8. Rendsburg-Büdelsdorf. Termine der Kammerkonzerte und öffentlichen Proben siehe www.shmf.de/oa