Wer erfand die Europameisterschaft, wer klonte ein Maskottchen?

Hamburg. Das EM-Fieber in Deutschland steigt, überall wird kräftig diskutiert. Mit Halbwissen und dem Erklären der Abseitsregel werden Sie dabei allerdings nicht weit kommen. Bewundernde Blicke von Freunden, Nachbarn und Kollegen erntet nur, wer jetzt mit Anekdoten und skurrilen EM-Geschichten aufwarten kann. Nehmen Sie sich ein paar Minuten und pauken Sie die folgenden Fakten. Es lohnt sich.

Tragisch, aber wahr. Der Erfinder der Europameisterschaft, Henri Delaunay, hat die erste Austragung des Turniers leider nicht miterlebt. Bereits 1927 hatte der Franzose die Idee eines Turniers der Nationalmannschaften entwickelt. Doch erst als Delaunay 1954 zum Generalsekretär der Uefa ernannt wurde, konkretisierten sich die Pläne. Den Startschuss des Wettbewerbs 1960 erlebte Delaunay jedoch nicht mehr . Er starb fünf Jahre, bevor die erste EM-Endrunde ausgetragen wurde. Die Turniere 1960 (Sieger: Sowjetunion) und 1964 (Sieger: Spanien) fanden übrigens noch unter dem Titel "Europapokal der Nationen" bzw. "Europapokal der Länder" statt. Delaunays Leistung wurde dadurch gewürdigt, dass die Uefa den Siegerpokal der Europameisterschaft nach ihrem Erfinder benannte: Coupe Henri Delaunay.

Der Boykott. Eine besondere sportliche Anekdote liefert das Turnier 1960: Im Hinspiel des EM-Viertelfinals sollte Mitfavorit Spanien in der Sowjetunion antreten. Doch das Team wurde auf dem Weg zum Flughafen von General Franco zurückbeordert. Grund: Während des Spanischen Bürgerkrieges (1936 bis 1939) hatten sowjetische Soldaten die unterlegenen Republikaner unterstützt. Ein Fakt, den der spanische Diktator den Sowjets nicht verziehen hatte. Hin- und Rückspiel wurden jeweils 3:0 für die Sowjetunion gewertet, die am Ende auch den Titel gewann.

Premierensieger. 1972 triumphierte Deutschland gleich bei seiner ersten EM-Endrunden-Teilnahme. Nach dem Finale in Brüssel, bei dem Deutschland die Sowjetunion 3:0 bezwungen hatte, entschied sich das Team gegen eine ausschweifende Party. Günter Netzer, damals 27 Jahre alt, und seine Kameraden reisten auf direktem Wege in die Heimat. "Das war damals eben nicht so wie heute", erinnert sich Netzer.

Zweistelliger Sieg. Als einer der größten EM-Skandale gilt eines der letzten Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 1984. Spanien musste gegenüber den Niederlanden zwei Punkte gutmachen und im Heimspiel gegen Malta elf Tore aufholen, um bei der Endrunde dabei zu sein. Zur Pause stand es 3:1. Eine Viertelstunde vor Schluss fehlten den Spaniern immer noch vier Treffer. Doch der Coup gelang. Am Ende gewann "La Furia Rocha" 12:1. Spanien und Malta mussten sich mit Vorwürfen der Spielmanipulation auseinandersetzen.

Klon-Maskottchen. Sie werden als Trolle auf LSD verhöhnt: Mit ihren farbigen Punk-Frisuren treffen die polnisch-ukrainischen Maskottchen-Zwillinge Slavek und Slavko nicht unbedingt den Geschmack der Experten. Immerhin waren die Gastgeberländer der diesjährigen EM kreativ genug, sich neue Figuren auszudenken. Das war nicht immer so. Schweden etwa kopierte den deutschen EM-Hasen Berni von 1988 bei der EM im eigenen Land und streifte dem Klon-Maskottchen 1992 lediglich ein gelbes Hemdchen über. Da mutet es beinahe tragisch an, dass der schwedische Glücksbringer noch nicht einmal einen eigenen Namen erhielt und als "Kaninchen" in die Annalen einging.

Die Last-Minute-Sieger. Legendär ist auch der Europameistertitel der Dänen 1992. Die Mannschaft hatte sich eigentlich gar nicht für das Turnier in Schweden qualifiziert. Da Jugoslawien wegen des Balkankrieges allerdings zehn Tage vor Turnierbeginn aus der Uefa und damit auch dem Wettbewerb ausgeschlossen wurde, rückten die Dänen als Zweiter der Qualifikationsgruppe nach. Dänemarks Trainer Richard Möller-Nielsen war angeblich gerade dabei, seine Küche zu renovieren, als er aus dem Radio von der Nominierung seines Teams erfuhr. Genug Zeit, um eine schlagkräftige Truppe zusammenzustellen, hatte er offenbar trotzdem. Die Dänen bezwangen Weltmeister Deutschland im Finale 2:0 und holten den Titel.

Rekorde und Zahlen. Für deutsche Fans noch ein paar aufmunternde Fakten: Mit bislang drei Titeln (1972, 1980 und 1996) ist die DFB-Elf Rekordsieger in Sachen Europameisterschaften vor Spanien (1964, 2008) und Frankreich (1984, 2000) mit jeweils zwei Titeln. Als erfolgreichster deutscher Stürmer hat sich Jürgen Klinsmann einen Namen gemacht. Der Schwabe traf bei drei Turnieren insgesamt fünfmal. Lukas Podolski könnte diese Marke jedoch bald toppen: Er war bereits dreimal erfolgreich. Ungeschlagen ist indes Uefa-Boss Michel Platini. Der Franzose ist der bisher erfolgreichste Torschütze eines EM-Endrundenturniers. 1984 erzielte Platini bei der EM in Frankreich insgesamt neun Treffer für den späteren Europameister. Eine Marke, an die sich die Deutschen dieses Mal vielleicht herantasten können.