Die Schau Die Stadt und Auto dokumentiert, wie Mobilität das Leben verändert hat

Die Natur der Stadt ist ein Schilderwald geworden. Obwohl es in Hamburg viele Grünflächen gibt, wird das Stadtbild dominiert von Gebäuden und Straßenzügen, die sich dem Auto unterordnen, damit es sich hindernislos bewegen kann. Diese Entwicklung zeigt die Ausstellung "Die Stadt und das Auto. Wie der Verkehr Hamburg veränderte" des Museums der Arbeit als Beitrag zum Hamburger Architektursommer. Anhand von Objekten, Fotografien und Versuchsmodellen kann der Besucher nachvollziehen, wie Hamburg auf das Auto reagiert hat.

Während in den USA das Auto schon um 1910 zum Massenverkehrsmittel wurde und den großen Kontinent erschloss, brauchte Europa lange, um sich an das neue Fortbewegungsmittel zu gewöhnen: "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung", konstatierte etwa Kaiser Willhelm II. Noch bis in die 1950er-Jahre waren Mensch und Maschine fast gleichberechtigt auf Hamburgs Straßen. Jeder fuhr, ging oder radelte mit wenigen Vorgaben nebeneinander her.

Nur die schienengebundene Straßenbahn hatte einen größeren Regelungsbedarf, und so wurde schon 1922 am Stephansplatz Europas erste Lichtsignalanlage gebaut. In Deutschland kam erst nach dem Zweiten Weltkrieg der Pkw für die Massen auf - eine Entwicklung, die auch durch den von den Nationalsozialisten betriebenen Bau des KdF-Wagen und das Aufkommen der Autobahn befördert wurde.

Die Autobahn veränderte den Verkehr maßgeblich, folgte sie doch erstmals dem Gedanken, dass "das Auto freie Bahn haben soll", so Dr. Jürgen Bönig, Kurator der Ausstellung. "Die Autobahnen als landschaftsgliedernde und das Fahrerlebnis vermittelnde und inszenierende Autostraßen wurden gebaut, bevor es genug Fahrzeuge gab, die sie befahren konnten." In der Folge entwickelte sich ein ausgeprägtes Verlangen nach dem Automobil - in der Nachkriegszeit avancierte es zum "höchsten Wohlstandsgut und wurde gehegt, gepflegt und als außerhäuslicher Freiraum verteidigt".

Auch die Stadtplaner für Hamburg orientierten sich an einem Prinzip der "autogerechten Stadt", mit der Folge, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer von der Straße verdrängt wurden. Die Verkehrsbauten der Nachkriegszeiten erzeugten eine Mobilität, die wieder neue Bauten erforderte - und mehr Platz verlangte. Also wurde die Straßenbahn in Hamburg per Senatsbeschluss von 1955 abgeschafft. Immer mehr Parkhäuser wurden gebaut und der Fußgänger auf Brücken und Tunnel verwiesen - die Laufwege bestimmten Ampeln und Zebrastreifen. "Die Planer der autogerechten Stadt [...] richteten mit ihren Verkehrsplanungen [...] städtische Erlebnisqualität regelrecht hin", fasst Jürgen Bönig zusammen. In diesem Sinne verdeutlicht die Ausstellung am Hamburger Beispiel der Ost-West-Straße, der Bürostadt City Nord, den Grindelhochhäusern oder großen Einkaufszentren oder der Mönckebergstraße die Trennung der Bereiche "Arbeiten, Wohnen und Einkaufen".

Eine angepasste Verkehrserziehung sollte Unfälle verhindern. "Wer ist der Nächste?" oder "Radfahrer - Augen auf!" steht auf den Plakaten, mit denen potenzielle Verkehrsopfer an ihre eigene Verantwortung erinnert wurden. Dabei muss vor allem das Auto als Eindringling in das Leben des Menschen bezeichnet werden, der die Straße als Lebensraum unnutzbar gemacht hat. Sah man früher Kinder auf der Straße Fußball spielen, beäugen Eltern heute mit panischem Blick ihre Sprösslinge, sobald diese in Straßennähe kommen.

Ein ganz besonderes Ausstellungsstück ist ein kleiner benzinbetriebener Rennwagen. Dieses vom Hamburger Cuno Bistram gebaute Gefährt konnten Kinder in den 1950er-Jahren in Hagenbecks Tierpark fahren. Diesem Flitzer, der gerade in den Tiefen des Zoo-Lagers wiedergefunden wurde, kommt in der Ausstellung eine symbolische Bedeutung zu: Selbst an einem Ort, der die Illusion der freien Natur ausstellt, ist das Auto allgegenwärtig.

"Die Stadt und das Auto. Wie der Verkehr Hamburg veränderte" 1.6. bis 23.9., Museum der Arbeit, Wiesendamm 3, Mo 13.00-21.00, Di-Sa 10.00-17.00, So 10.00-18.00