Mitglieder der Integrationshilfe “Compass“ der Stader St.-Cosmae-Kirche unterstützen Kinder viele Stunden ehrenamtlich beim Lernen

Stade. Moussa, Atahan und Adem sind drei aufgeweckte Jungs. Sie besuchen die zweite und vierte Klasse der Grundschule am Burggraben in Stade. Sie gehen gern zur Schule, sagen sie. Und obwohl alle drei auch gut Deutsch sprechen, benötigen die in der Hansestadt geborenen Jungen im Alter von acht bis zehn Jahren aus Migrantenfamilien aus dem Libanon und aus der Türkei zusätzlich zum Unterricht Hilfe beim Lesen, Rechnen und Schreiben. Unterstützung, die sie durch ehrenamtlich tätige Mitarbeiter der Integrationshilfe "Compass" der St.-Cosmae-Kirche erhalten.

Seit 2005 gibt es die Gruppe. Pastor Ekkehard Heise, Jens Hake, Karin Fischer und Mareike Kölln hatten sie gemeinsam unter der Schirmherrschaft der St.-Cosmae-Kirche gegründet. Mittlerweile gehören ihr 34 Personen an. "Unser Ziel ist die sprachliche, schulische und soziale Integration von Kindern mit Migrationshintergrund", sagt Mareike Kölln. Die 68-Jährige ist bis heute die treibende Kraft bei "Compass". Sie ergänzt aber sofort: "Es sind mittlerweile auch viele deutsche Kinder dabei, die wir beim Lernen unterstützen." Und das längst nicht nur durch die angebotene Hausaufgabenhilfe, sondern auch im regulären Unterricht zur Unterstützung der Lehrer an der Montessori-Grundschule, der Grundschule am Burggraben, Grundschule Bockhorsterweg, Camper Realschule und IGS Hohenwedel. Dabei erhalten die Helfer von den Lehrkräften ihre Instruktionen, wo der Lern-Hebel bei den betroffenen Schülern anzusetzen ist. "Natürlich sind wir nicht immer erfolgreich." Es gebe auch Schüler, die nicht lernen wollen und sich beratungsresistent zeigen. Ein weiteres Problem stelle auch die Situation in den Familien der Mädchen und Jungen dar. "Häufig werden die Kinder zu Hause beim Lernen nicht unterstützt, stattdessen läuft der Fernseher in der Heimatsprache." Ihre Arbeit macht den "Compass"-Mitgliedern dennoch viel Spaß. "Es sind aber nicht nur die schulischen Verbesserungen der Kinder, die wir mitbekommen und die einen erfreuen, sondern auch die kleinen Gesten der Kinder, wie ein Danke", sagt Ann Roth. Die gebürtige Schwedin lebt seit mittlerweile 20 Jahren in Stade. Sie hat ihre Hilfe vor knapp drei Jahren angeboten.

"Wir Senioren haben ja viel Zeit, warum sollen wir die nicht sinnvoll nutzen?", ergänzt Marita Duijzings. Im "Compass"-Team engagieren sich in erster Linie ältere Menschen, darunter sind auch ehemalige Lehrer wie Barbara Cramer. Ursprüngliches Ziel von "Compass" war es, eine Art Erste Hilfe für die Integration von Mitbürgern mit Migrationshintergrund zu sein. "Wir wollten bei der Überwindung der kleinen und großen Alltagshürden wie bei Amtsgängen oder Arztbesuchen Hilfestellung leisten", sagt Mareike Kölln. Doch diese Hilfe sei fast gar nicht angenommen worden.

"Wir haben dann von dem Leid einiger Migrantenkinder bei uns erfahren, die plötzlich in einem fremden Land aufwachen, nicht wissen wo, die Sprache nicht sprechen, aber in die Schule müssen", sagt die 68-Jährige. Daraufhin sei sie mit drei Freundinnen in das Gemeindezentrum St. Georg im Altländer Viertel gegangen, um dort ältere Kinder zu unterstützen, die kleineren beim Deutschlernen und den Hausaufgaben halfen. Nachdem der Standort Gemeindezentrum nach Umbaumaßnahmen nicht mehr zu nutzen war, boten die Frauen ihre Unterstützung der Montessori-Grundschule im Viertel an. "Diese Hilfe wurde sehr dankbar angenommen." Durch Zeitungsartikel, Gespräche und Anwesenheit bei der Stader "Ehrenamtsmesse" - unter dem Motto "Schenken Sie uns eineinhalb Stunden" - kamen immer mehr Mitstreiter. Teilweise bis zu sechs Stunden in der Woche engagieren sich einige Mitglieder mittlerweile. Und das interne Netzwerk funktioniert richtig gut. Wenn mal einer ausfällt, wird selbstständig für Ersatz gesorgt. "Die Verlässlichkeit ist wichtig, denn Kinder merken sofort, ob es die Erwachsenen mit ihrer Hilfe auch wirklich ernst meinen", sagt Mareike Kölln. Alle sechs Wochen findet ein Treffen der Ehrenamtlichen im Pastor-Behrens-Haus statt. Dort werden Ideen oder Probleme besprochen. "Wir suchen weiterhin Personen, die mitmachen wollen", sagt Mareike Kölln. Sie steht für Auskünfte über Telefon 04141/6 34 78 zur Verfügung. "Die Helfer müssten neben ihrer Zeit und guten deutschen Sprachkenntnissen vor allem "Geduld, Akzeptanz, Wertschätzung und Einfühlungsvermögen gegenüber den Kindern mitbringen". Der Bedarf an Hilfe, auch in Form von Spendengeldern zum Kauf von Materialien, sei weiterhin vorhanden.

Das neueste "Compass"-Projekt sind die Kindernachmittage im Stadtteil-Haus im Altländer Viertel. "Dienstags und donnerstags treffen wir uns, helfen bei Hausaufgaben, lesen, spielen und klönen", sagt Mareike Kölln. "Wir haben jetzt angefangen, Sketche einzuüben, die wir beim Fest der Kulturen im Juli präsentieren werden." Sie freut sich auch über die mittlerweile sehr gute Verbindung zu Karina Holst, der Integrationsbeauftragten der Stadt, sowie zu Margret Howe. Die Quartiersmanagerin des Viertels hat der Gruppe den Raum im Stadtteil-Haus mietfrei zur Verfügung gestellt. Die Akzeptanz der Kinder gegenüber ihren ehrenamtlichen Helfern ist jedenfalls groß. Und so verweisen Moussa, Atahan und Adem stolz lächelnd darauf, dass sie in der Schule schon besser geworden seien.