Keine Zauberei: Mit Rapid Prototyping können im Handumdrehen Werkstücke wie Einkaufswagen-Chips oder Karosserieteile hergestellt werden

Der große, schwarze Kasten im Labor für Produktionstechnik des Departments Maschinenbau und Produktion vermag Erstaunliches. Er produziert miniaturisierte Klappstühle, Chips für Einkaufswagen inklusive Halter, Ohrmuscheln für Hörgeräte oder voll funktionsfähige Modelle verstellbarer Schraubenschlüssel, sogenannte Engländer, quasi auf Knopfdruck. Bei dem Gerät handelt es sich um einen 3-D-Drucker, wie er im sogenannten Rapid Prototyping (RP) zum Einsatz kommt. "Wir wollen unseren Studenten den Umgang mit aktueller Technologie beibringen. Es wäre schön, wenn die angehenden Ingenieure später in der Industrie sagen könnten, im Studium haben wir mit Technologien gearbeitet, die sie auch einmal einführen sollten", sagt Günther Gravel, an der HAW Professor für Produktionstechnik.

Um schnell und günstig Prototypen, Modelle, Werkzeuge, aber auch Endprodukte fertigen zu können, werden beim RP digitale Modelle ohne Umwege direkt in Werkstücke umgesetzt. "Rapid Prototyping befreit Konstrukteure von den Einschränkungen der Fertigungstechnik", so Gravel. "Mit diesen Verfahren kann man plötzlich sehr schnell Dinge real werden lassen, besonders im Prototypenbereich."

Mit einem Zentimeter pro Stunde auf einer Breite von sechs Zentimetern gibt der 3-D-Drucker den Ideen der Studenten und Wissenschaftler Gestalt. Dabei fährt der Druckkopf hin und her und versprüht einen Kunststoff, der unter Licht aushärtet und vernetzt. Ist eine Schicht fertig, senkt sich die Arbeitsplattform, auf der das Werkzeug entsteht, leicht ab. Ein Teil der Düsen sprüht ein weiches, gelartiges Füllmaterial, das mit Wasser leicht herausgespült werden kann. So lassen sich auch schwebende und damit bewegliche Teile bauen. "Heute können Konstrukteure über Nacht ihre Werkstücke ausdrucken lassen und dann am nächsten Tag schon Änderungen einpflegen", ergänzt RP-Experte Professor Christian Stark, "früher mussten Prototypen aufwendig aus Metall gefertigt werden. Das lief über Werkstätten, und es hat Tage, Wochen oder sogar Monate gebraucht, bis ein Muster vorlag."

Das Rapid Prototyping (RP) gilt als eine zukünftige Schlüsseltechnologie in der industriellen Fertigung. "Es war uns ein großes Bedürfnis, diese Technologie auch den Studierenden zur Verfügung zu stellen", sagt Gravel. Davon profitieren nun neben den angehenden Maschinenbauern und Produktionstechnikern auch die Studierenden des Fahrzeug- und Flugzeugbaus, denn dort gibt es ebenfalls einen starken Konstruktions- und Auslegungsbereich. So wurden denn auch schon Karosserieteile für Autos nachgebaut, die Studierende entworfen haben.

Neben dem 3-D-Drucker verfügen die Produktionstechniker der HAW auch noch über eine hochmoderne Fünf-Achs-Fräsmaschine, mit deren Hilfe die Studierenden die von ihnen konstruierten Bauteile unter realen Bedingungen fertigen können. "Das fünfachsige Fräsen zielt nicht nur darauf ab, Muster zu erstellen", so Christian Stark zu den Möglichkeiten des neu erworbenen Bearbeitungszentrums. "Das ist eine Produktionsmaschine, die nach einer CAD-Zeichnung reale Bauteile produzieren kann - und das in Einzel-, Serien- oder Massenfertigung."

So wird an der HAW Hamburg der komplette Ablauf gelehrt: Von der Datensatzerstellung im Computer (CAD) bis zum Druck im Rapid Prototyping und der Produktion. "Wir möchten hier eine sehr neuzeitliche Ingenieursausbildung haben", resümiert Gravel, und weiß sich dabei mit seinen RP-Systemen auf einem Erfolg versprechenden Weg.