mit Propst Johann Hinrich Claussen. Königshochzeiten als Schule der Nächstenliebe

Einmal habe selbst ich mir im Fernsehen eine Königshochzeit angesehen. Das war am 29. Juli 1981 in England. Ich war bei meiner Schulaustauschfamilie, und die saß den ganzen Tag vor der Glotze und guckte Diana und Charles beim Heiraten zu. Da hätte ich schwerlich nicht zuschauen können. Meinen Eltern habe ich dann zwei kitschige Charles-und-Diana-Kaffeebecher mitgebracht. Wir haben sie immer noch in irgendeinem Geschirrschrank. Das war wieder so ein Fall, wo das Souvenir länger gehalten hat als das, woran es erinnern sollte.

Nun haben in London wieder einmal zwei Königskinder geheiratet. Ich habe es mir nicht angesehen. Die Begründung kann ich kurzhalten. Frei nach Thilo Sarrazin: Mir fehlt das Romantik-Gen. Die weiblichen Mitglieder meiner Familie aber verfügen über ein anderes Erbmaterial. Sie waren fest entschlossen, den gesamten Tag vor dem Fernseher zu verbringen. Da habe ich mich in praktizierter Nächstenliebe geübt und den Haushalt übernommen. Alle halbe Stunde bin ich auf zartfühlenden Sohlen ins Fernsehzimmer geschlichen, um Getränke zu reichen, damit die Damen des Hauses nicht aufgrund übermäßigen Tränenverlustes einer Austrocknung zum Opfer fallen. Selbstverständlich habe ich mich fast jeden ironischen Kommentars enthalten. "Die Ehe ist eine Schule der Nächstenliebe", hat Martin Luther einmal gesagt. Der 29. April war für viele Männer weltweit eine gute Gelegenheit, dies zu beherzigen. Am 8. Juli droht eine weitere Nachhilfestunde. Dann heiratet der Fürst von Monaco eine Schwimmerin - oder so. Das sehe ich mir auch nicht an.

Es muss bei den Zuschauern wohl eine große Sehnsucht nach einer Liebe geben, die ein ganzes Leben trägt. Das erinnert mich daran, wie sehr die Fernsehübertragung der Trauerfeier für Loki Schmidt im Michel viele Hamburger berührt hat. Wie es all die Jahre im Hause Schmidt zugegangen ist, werden die allermeisten von ihnen nicht wissen. Es geht sie ja auch gar nichts an. Aber in dieser Feier wurde vielen deutlich, dass es sich lohnt, zusammenzubleiben - bis zum Ende. Damit einem selbst das aber gelingt, sollte man es mit dem Fern-Sehen nicht übertreiben und lieber die Augen auf denjenigen richten, mit dem man lebt und den man liebt.