Unter dem Motto “Türkei literarisch“ blicken Konzertlesungen gen Bosporus

"Dieses schöne Land ward von den Reitern zerwühlt und mit Rauch gefüllt. Aschenhügel waren die Reste der Häuser und Paläste." So dokumentiert ein Zeitzeuge den Einmarsch der türkischen Truppen im Jahr 1529, die auf dem Weg nach Wien eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Doch die Stadt hält dem Angriff stand. Rund 150 Jahre später, 1683, rücken noch einmal Zigtausende "Renner und Brenner" des Osmanischen Reichs an und bringen Wien an den Rand der Aufgabe - doch im letzten Moment wird der Feind in die Flucht geschlagen.

Von friedlichem interkulturellen Austausch konnte also weiß Gott keine Rede sein, als Wien damals von den Türken belagert wurde. Und doch hinterließ die Begegnung einen faszinierenden Eindruck: 100 Jahre nach der zweiten Belagerung waren plötzlich Turban und Pluderhose angesagt; in Wiener Kaffeehäusern schlürfte man heißen Mokka, den "Türckentranck". Die Türken wurden zur Projektionsfläche für das Fremde, für europäische Fantasien von exotischen Farben, Gerüchen und Reichtümern. Diesem "Mythos Orient im klassischen Wien" spüren Gudrun Landgrebe und Sebastian Knauer mit einem literarisch-musikalischen Programm nach (20.8. Plön).

Die Schauspielerin liest Texte von Goethe, Lessing und Rousseau, in denen eine Bewunderung für die Kultur des "Anderen" aufscheint. Knauer spielt dazu Musikstücke aus der Blütezeit der Turkomanie. Darunter, natürlich, Mozarts Rondo alla turca und ein Arrangement seiner Oper "Die Entführung aus dem Serail". Dort hat sich das Bild des Türken komplett ins Gegenteil gewendet: Aus dem bedrohlichen Barbaren vor den Toren Wiens ist ein gütiger, großmütiger Herrscher geworden.

Sehr viel weniger gnädig benimmt sich der König Schahriyar aus Tausendundeiner Nacht: Weil er schlechte Erfahrungen mit weiblicher Treue gemacht hat, heiratet er einfach jeden Tag eine Jungfrau, die am nächsten Tag abgemurkst wird. Aber die pfiffige Wesirstochter Scheherazade findet einen Ausweg. Sie erzählt dem König eine spannende Geschichte mit so vielen Cliffhangern, dass er immer mehr hören will - bis er sie nach 1001 Tagen schließlich begnadigt. Die raffinierte Märchentante ist die Hauptfigur eines weiteren Abends in der Reihe "Text und Musik": Im Haseldorfer Rinderstall trifft das türkische Klavierduo Ferhan und Ferzan Önder auf den persischen Schauspielererzähler Parvis Mamnun (31.7.).

Scheherazade und Schahriyar finden durch Klugheit zur Liebe. Um die geht es auch in der musikalisch-literarischen Soiree mit Christian Brückner. Der deutsche Schauspieler - unter anderem bekannt als Synchronstimme von Robert De Niro - liest Liebeslyrik von Goethe und großen persischen und osmanischen Dichtern, umrahmt von osmanischer Instrumentalmusik (20.7., Reinbek/21.7., Neumünster).