Der Maler Helmut Kolle folgte in seiner Kunst der 20er-Jahre einem Humanitätsideal

Er wird geschätzt für seine Porträts nachdenklich dreinblickender junger Männer, worunter das "Selbstbildnis im Jagdkostüm" von 1930, das den Künstler in feurig roter Jacke zeigt, sicher zu den bedeutendsten zählt. Der Ruhm Helmut Kolles wäre ohne seinen einflussreichen Förderer und Partner Wilhelm Uhde nicht denkbar. Die Bedeutung des Schriftstellers, Kunsthändlers und Sammlers Uhde für die Verbreitung der französischen Avantgarde mit Künstlern wie Henri Rousseau oder Pablo Picasso ist allgemein anerkannt.

In Hamburg wurde schon 1952 die erste Einzelausstellung Kolles nach dem Krieg gezeigt. Aus Anlass seines 80. Todestages präsentiert das Ernst-Barlach-Haus nun eine retrospektive Schau mit Hauptwerken des Malers. Leihgaben kommen aus dem Museum Gunzenhausen in Chemnitz und wichtigen Privatsammlungen. Der 1899 in Charlottenburg geborene Kolle, ein Kind des Kaiserreichs, erlebte großbürgerliche Verhältnisse. Dank der exzellenten Kontakte seines Freundes Uhde, den er 1917 in Wiesbaden kennenlernte und mit dem er bis 1922 auf der Burg Lauenstein, später in Berlin und nach 1924 in Paris und Chantilly lebte, konnte er nach 1923 in Deutschland und in Paris jedes Jahr seine Arbeiten in einer renommierten Galerie präsentieren. Viel zu früh verstarb Kolle 1931 mit nur 32 Jahren in Chantilly infolge eines lebenslangen Herz-und-Lungen-Leidens.

Wilhelm Uhde war es auch, der 1935 in einer Monografie über das Werk seines Partners schrieb: "Diese unruhig bewegte Seele (...) konnte ihren Frieden mit den Menschen nur innerhalb der überwältigenden Majorität der Toten finden." Kunsthistoriker wiesen immer wieder auf die Schwierigkeit hin, Kolle künstlerisch zu kategorisieren. Uhde bezog seine Kunst auf sein physisches Leiden. Es habe ihn die eigene Existenz künstlerisch und ästhetisch überhöhen lassen. Kolle galt ihm als Idealtypus eines "geistig schönen Menschen", in dem germanische Innerlichkeit und romanische Kultiviertheit sich vereinigten. Kolle passte dank seiner französischen Vorfahren, seines Aufwachsens in Deutschland und des späteren Lebens in Frankreich in dieses Bild. Seine Kunst wies Entwicklungslinien beider Länder auf. Die 20er-Jahre waren maßgeblich von der Strömung der Neuen Sachlichkeit bestimmt. Kolles Arbeiten fügten sich weder in das Expressionistische eines Kokoschka noch in die Neusachlichkeit eines Grosz, surrealistischen Tendenzen war sie gänzlich fern.

Kolles Zeitgenossen ordneten seine Kunst dem Néo-Humanisme zu. Die Künstler dieser Richtung verband kein gemeinsamer Stil, sondern die innere Verpflichtung zu einem Thema, der Reflexion über den zeitgenössischen Menschen im Zeitalter der Maschinen. Indirekt kritisierte Kolle damit ein Versteifen auf Fortschritt und Technisierung. Den Träger der von ihm postulierten Humanität sahen Kunsthistoriker in dem häufig gemalten jungen Mann im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Gewappnet gegen moralische Anfeindungen und körperliche Schwächen.

Kolle begann um 1920 zu zeichnen. Nach 1921 wandte er sich der Ölmalerei zu, gestaltete Körper in hellen, leuchtenden Farben. In einem seiner frühen Selbstporträts, "Nachdenklicher junger Mann" von 1921, waren zahlreiche formale Elemente, die er später nutzen sollte, bereits angelegt, etwa die lässige Pose der Figur und eine stilisierte Gestik. In seinen späteren Jahren brachte er seine Kunst zur Blüte. Er schuf Figuren in lebhaften Farbtönen vor schlichten Hintergründen, konzentrierte sich auf eine von allen Manierismen befreite Psychologie. In Werken wie "Arena mit Stierkämpfer und sterbendem Stier" um 1930 glorifizierte Kolle die Kraft der Torreros, in anderen Arbeiten Jockeys oder Radler. Ein "Junger Mann mit Sixpence-Mütze steht am Ende dieser Reihe: Das letzte, unvollendete Gemälde Kolles beschließt die Ausstellung. Ein Werk von großer Schönheit und lebensweiser Melancholie.

Helmut Kolle. Ein Deutscher in Paris 29.5. bis 25.9., Ernst Barlach Haus, Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, Di-So 11.00-18.00, Kurtorenführungen am 21.6. und 23.8., jeweils 18.00, Katalog 32 Euro