Die bedeutende Lübecker Völkerkundesammlung ist in der Kunsthalle St. Annen zu Gast

Weltoffenheit gehört zu den Charakteristika einer Hanse- und Handelsstadt. Seit Jahrhunderten knüpfen Kaufleute internationale Beziehungen, bereisen ferne Länder und bringen nicht nur Handelswaren mit nach Hause, sondern auch Kulturgüter. Schon mindestens seit 1696 besaß zum Beispiel der Lübecker Ratsapotheker Jacob Stolterfoht eine altägyptische Mumie und Jacob von Melle, der als Hauptpastor an St. Marien amtierte, baute seit Ende des 17. Jahrhunderts eine ethnografische Sammlung auf. Dieser Bestand sowie zahlreiche weitere Objekte gelangten später in den Besitz der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, durch Schenkungen und Vermächtnisse wuchs deren völkerkundliche Sammlung immer weiter an.

Ab 1893 konnte sie schließlich im neu erbauten Museum am Dom als Museum präsentiert werden. Das gehörte zwar nicht zu den größten, wohl aber zu den qualitätvollsten derartigen Institutionen in Deutschland. 1942 traf eine Luftmine das Museum, dessen Bestände jedoch größtenteils gerettet wurden. Doch dauerte es noch Jahrzehnte, bis Lübecks völkerkundliche Schätze wieder öffentlich zugänglich waren: im erst 1984 als Museum eröffneten Zeughaus am Dom. Doch auch das war nicht von Dauer: 2007 kam es aufgrund von Sparmaßnahmen zur Schließung.

2000 Jahre alte Tonfiguren aus Mexiko, Ahnenfiguren aus Äquatorialguinea, Masken aus der Südsee, Textilien aus Mittelasien - wie reich Lübeck an völkerkundlichen Kunstwerken aus allen Teilen der Welt ist, zeigt eine außergewöhnliche Ausstellung in der Kunsthalle St. Annen unter dem Titel "Welten entdecken". Etwa 250 bis 300 Objekte aus Afrika, Amerika, Asien, Ozeanien aber auch aus Europa zeugen von der Vielfalt der Völkerkundesammlung, die jetzt erstmals wieder öffentlich präsentiert werden kann.

"Diese Schätze gehören zum kulturellen Reichtum unserer Stadt", sagt Kuratorin Brigitte Templin und fügt hinzu: "Für die Lübecker Identität ist diese Sammlung enorm wichtig, schließlich wurde sie zum allergrößten Teil von Lübecker Bürgern zusammengetragen." Dann zeigt die Ethnologin einen alten Sammlungskatalog, in dem eine Liste der Schenkungen aufgeführt ist. Dort sind mehr als 500 Namen von Lübecker Bürgern verzeichnet, vom Konsul bis zum Lokomotivführer, vom Marine-Oberingenieur bis zum Maschinisten.

Die Ausstellung zeigt einerseits herausragende Objekte, andererseits vermittelt sie aber auch einen Einblick in die Vielfalt der Bestände, deren Geschichte mit dem Wirken zahlreicher Lübecker Persönlichkeiten verbunden ist. Zum Beispiel mit Günther Tessmann, der in den Jahren 1907 bis 1909 eine ebenso abenteuerliche wie ertragreiche Westafrika-Expedition leitete, an der damals die gesamte Stadt lebhaften Anteil genommen hat.

Welten entdecken Werke der Völkerkundesammlung der Hansestadt Lübeck zu Gast in der Kunsthalle St. Annen 26.06. bis 13.11., St.-Annen-Str. 15, Di-So 10.00-17.00