Niederländische Zeichnungen der Jahre 1450 bis 1850

Es ist und war ein Mammutprojekt der Kunsthalle: die Aufarbeitung, Sichtung und Neuordnung der Bestände des Hamburger Kupferstichkabinetts. Ein besonderes Konvolut stellt dabei der Bestand an niederländischen Handzeichnungen mit seinen knapp 1400 Blättern dar. Seit 2001 wurde er von Dr. Annemarie Stefes mit Unterstützung der "Zeit"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius und der Freunde der Kunsthalle erforscht. Im März konnte das Ergebnis in Form eines dreibändigen Katalogs mit einem Gesamtgewicht von 8,5 Kilogramm vorgestellt werden.

Geradezu federleicht präsentiert sich jetzt die erste Schau des neu gesichteten Bestands. Eine Auswahl von über 100 Blättern zeigt "Bruegel, Rembrandt & Co. Niederländische Zeichnungen 1450-1850". Mehr als die Hälfte des Bestands, über 800 Blätter, stammen aus der umfangreichen Sammlung des Kunsthändlers und Auktionators Georg Ernst Harzen, die er 1863 einem neu zu errichtenden Museumsgebäude, der heutigen Kunsthalle, vermachte.

Im Laufe der Zeit kamen zum Teil bedeutende Neuerwerbungen hinzu, sodass die niederländische Zeichenkunst heute mit allen prominenten Schwerpunkten wie Landschaft und Genre, Seestück, Porträt, Stadtansicht und Stillleben vertreten ist. Auch zeitlich, so die Kuratorin, "konnten Lücken geschlossen werden, vor allem in der Zeichenkunst des 18. Jahrhunderts". Ihre Forschungs- und Katalogisierungsarbeit ermöglichte rund 400 Neuzuschreibungen sowie zahlreiche Neuentdeckungen etwa in den Bereichen Technik und Datierung. Chronologisch und thematisch geordnet präsentieren sich "Bruegel, Rembrandt & Co." nun im Hamburger Gang. In zehn Kapiteln geht es von "Den Anfängen: 1450-1590" mit einer anonymen Silberstiftzeichnung und Pieter Bruegels d. Ä. "Sommer" über die "Schwelle zum Goldenen Jahrhundert", "Rembrandt und seinen Kreis", "Holländische Genrezeichner" und "Landschaftszeichner" bis zum "18. und 19. Jahrhundert". Bedeutende Namen begleiten den Gang durch die Geschichte einer farbigen niederländischen Zeichenkunst: Bartholomeus Spranger und Hendrick Goltzius aus der Zeit des Manierismus, flämische Künstler, unter ihnen Adriaen Brouwer und Anton van Dyck, gefolgt von holländischen Landschaftszeichnern wie Jan van Goyen und Jacob van Ruisdael.

Porträts und Figurenstudien stammen unter anderem von Jan Lievens und Pieter Lastman, Stadtansichten, so der "Hof des Amsterdamer Bogenschützenhauses" von Jacob van Ruisdael, Seestücke von Ludolf Backhuysen und Willem van de Velde. Unter den spektakulären Neudatierungen befindet sich eine Zeichnung von Lambert Suavius, mit dem Motiv der heiligen Familie in den Ruinen. Das Blatt hatte aufgrund seiner späten Datierung (ein posthumes "1587") und des untypisch breiten Zeichenstils Rätsel aufgegeben. Eine Durchleuchtung des Blattes schaffte Klarheit. Die "8" wurde als "3" identifiziert, das Papier dank eines Wasserzeichens in die erste Hälfte des Jahrhunderts verlegt und die Tinte von Zeichnung und Signatur als identisch erkannt. Damit verfügt die Kunsthalle wohl über die einzige vom Künstler selbst signierte Zeichnung aus seiner Frühzeit in Italien noch vor der Ausarbeitung seines späteren feinen Stils.

Neu datiert wurde auch ein ungewöhnlich großes Aquarell, ein Naturstück mit Weidenbaum. Bezeichnet ist es von alter Hand mit J. Hackert, was bisher auf den holländischen Künstler Jan Hackaert bezogen wurde. Die Kuratorin landete nach Diskussionen mit Kollegen bei dem flämischen Maler Jan Siberechts. Das passte nicht nur stilistisch und zeitlich (um 1672), auch das Motiv selbst konnte in einem Budapester Gemälde ausfindig gemacht werden.

Neu autorisiert und zugeschrieben wurde zudem eine ehemals dem französischen Maler Sébastien Bourdon zugeordnete Zeichnung, die einen Künstler an der Staffelei zeigt (um 1650). Stilistische Untersuchungen ergaben, dass das Blatt von dem holländischen Maler und Zeichner Karel Dujardin stammt, einem Bewunderer Bourdons, der eine Zeitlang in dessen Heimatstadt Paris wohnte. Ermöglicht wird die Ausstellung durch ECE.

Bruegel, Rembrandt & Co. Niederländische Zeichnungen 1450-1850 17.6. bis 11.9., Hamburger Kunsthalle, Glockengießerwall, Di-So 10.00-18.00, Do 10.00-21.00