“Marilyn Minter“ ist die erste große Schau in der Sammlung Falckenberg unter Deichtorhallen-Regie

"Kunst, die vom Scheitern an sich ausgeht, die über das Leben lacht, sarkastisch, ironisch", bevorzugt nach eigenen Worten der Sammler Harald Falckenberg. In seiner Kollektion befinden sich Arbeiten von Künstlern wie Werner Büttner, Martin Kippenberger, John Bock, Jonathan Meese oder den Amerikanern Richard Artschwager, Mike Kelley, Paul McCathy und Richard Prince. Knapp 2000 Werke - große Installationen, Fotografien, Filme, Gemälde - hat der Hamburger Unternehmer und Jurist zusammengetragen und ihnen mit Erwerb und Umbau der Phoenix-Halle in Harburg ein museales Umfeld mit 6000 Quadratmetern Ausstellungsfläche geschaffen.

Zahlreiche Ausstellungen waren seit 2001 dort zu sehen und begründeten den Ruf der Sammlung als einer der bedeutendsten weltweit. Über das Ausstellungshaus und die hochkarätige Kollektion zeitgenössischer Kunst können seit Anfang des Jahres die Hamburger Deichtorhallen verfügen. Ein Kooperationsvertrag sieht vor, die Sammlung dem Haus bis zum Jahr 2023 als Dauerleihgabe zu überlassen.

Ein Glücksgriff. Besitzen sie nun neben der Sammlung Gundlach eine weitere profunde Basis für den Ausstellungsbetrieb. Am Konzept von Falckenbergs Ausstellungspraxis wollen die Deichtorhallen nicht rütteln. Weiterhin sollen in Harburg unter kuratorischer Leitung von Dirk Luckow neben der dauerhaften Präsentation wechselnde Ausstellungen zeitkritischer Gegenwartskunst gezeigt werden.

Marilyn Minter ist so eine unangepasste Künstlerin. Es gelang ihr bereits im Alter von 21 Jahren als Kunststudentin an der University of Florida, ihre Kommilitonen zu schockieren. Dabei hatte sie einfach nur ihre Mutter fotografiert. Eine schöne, jedoch drogenkranke Frau, die sich größtenteils im Bett aufhielt. Sich dort schminkte, fernsah, aß und Gymnastik übte. Das war 1969, und Sucht im bürgerlichen Umfeld galt als Skandal. Marilyn Minter muss häufig einen empfindlichen Nerv getroffen haben. Erst 2005 gelang ihr der Durchbruch als Künstlerin. Nun ist ihr Werk mit der Ausstellung "Marilyn Minter" erstmals in Deutschland zu sehen. Die Präsentation von Fotografien und Gemälde der heute 63-jährigen New Yorkerin umfasst rund 50 häufig monumentale Arbeiten. Darunter auch die inzwischen gefeierte Serie "Coral Ridge Towers" aus dem Jahre 1969.

Die Aufnahmen von damals sind Schwarz-Weiß; die neueren Bilder platzen schier vor Farbigkeit. Knallrote Lippen, die mit giftgrünen Flüssigkeiten spielen; ein Fuß in glitzernden High Heels, der Strumpf zerrissen, die Ferse dreckig. Marilyn Minters Thema ist der Glamour und die Brüchigkeit darunter. Den perfekten weiblichen Körper, wie er von Medien und Werbung inszeniert wird, hält Minter für pure Fiktion. Auf hyperrealistischen Gemälden - mit Lack auf Aluminium aufgetragen - zeigt sie Weiblichkeit, Erotik und zugleich Dekadenz und Selbstzerstörung.

Im krassen Kontrast zu diesen emotional aufgeladenen Bildern stehen die Arbeiten der Konzeptkünstlerin Hanne Darboven. Der 2009 verstorbenen Hamburgerin ist seit Anfang Mai anlässlich ihres 70. Geburtstags ein ständiger Raum in der Phoenix-Halle gewidmet. Und am traditionellen Standort der Deichtorhallen stellt im Sommer die Schau "Sammlung Falckenberg - Sammlung Olbricht" zwei berühmte Sammlungen gegenüber. Thomas Olbrichts Kollektion (Essen/Berlin) umfasst Werke zu Themen wie Liebe, Tod, Sexualität.

Marilyn Minter bis 12.6., Deichtorhallen Hamburg/ Sammlung Falckenberg, Wilstorfer Straße 71, Tor 2, Führungen Mi 18.00, Sa 15.00, So 12.00 und 14.00, Anmeldung und Info: www.sammlung-falckenberg.de

Sammlung Falckenberg - Sammlung Olbricht 25.6. bis 21.8., Deichtorhallen, Halle für Aktuelle Kunst, Deichtorplatz 1-2, Di-So 11-18.00, jeden ersten Do im Monat 11.00-21.00