Johann Friedrich Naumann war der erste bedeutende Ornithologe Deutschlands

An den Federn erkennt man den Vogel, heißt es im Sprichwort. Und Johann Friedrich Naumann (1780-1857) kannte sie alle. Zumindest die Vögel in Mitteleuropa. Dem ersten bedeutenden Ornithologen Deutschlands ist eine Schau im Jenisch Haus gewidmet.

Zu sehen sind Exponate aus der Sammlung des Museums Köthen (zwischen Magdeburg und Halle/Saale): Vogelpräparate, 130 Aquarelle in zwei Zyklen und Drucke sowie Originalausgaben der zwölfbändigen Ausgabe seiner "Naturgeschichte der Vögel Deutschlands". Das Kompendium entstand in 25-jähriger Arbeit und wurde als ein Werk der Wunder betrachtet. Es entsprach dem Stand damaliger Wissenschaft, alle 380 Illustrationen hatte Naumann selbst gezeichnet und in Kupfer gestochen.

Zu Lebzeiten war der Forscher weit über Deutschland hinaus berühmt und geachtet. Er wurde zuerst Ehrendoktor, dann Professor an der Universität Breslau. Doch seit dem Zweiten Weltkrieg geriet Naumann in Vergessenheit. Dass jetzt ein Prachtband mit zahlreichen Originalstichen und 80 bislang unveröffentlichten Aquarellen vorliegt, ist Arnulf Conradi zu verdanken. Der Herausgeber ist gleichzeitig Kokurator dieser Ausstellung. Der ehemalige Lektor und Verleger hat verschiedene Vogelarten wie Raub-, Sing- und Waldvögel aus dem Hauptwerk ausgewählt und die Aquarelle den Kupferstichen aus der ersten Ausgabe der "Naturgeschichte" samt Originaltext gegenübergestellt.

Naumanns Vogeldarstellungen sind von hoher künstlerischer Qualität und Authentizität. Was daran liegt, dass er, anders als seine Vorgänger, nicht nach ausgestopften Exemplaren zeichnete, sondern nach dem lebenden Modell. Erste Beobachtungen machte er schon als kleiner Junge auf dem elterlichen Gut im Herzogtum Anhalt-Köthen. Wenn im Frühjahr die Elbe über die Ufer trat, fielen Schwärme von Watvögeln ein, auf der Suche nach einem Nistplatz. Schon Naumanns Vater hatte ein Buch über die Land- und Wasservögel Norddeutschlands verfasst. Der Sohn erweiterte das Werk auf die Vogelwelt Mitteleuropas. Naumann war auch leidenschaftlicher Jäger, der seine Beute selbst präparierte. Ein Widerspruch, da er die Ansicht vertrat, ausgestopfte Tiere sähen unnatürlich aus. Sogar der Dichter Goethe zollte dem Forscher höchstes Lob für seine sprachliche Ausdruckskraft. Naumann berichtete mit Stolz in seinen Briefen davon. Leider sind die Worte des Herrn Geheimrates nicht überliefert.

Die Vögel Mitteleuropas - Aquarelle von Johann Friedrich Naumann bis 30.10., Jenisch Haus, Baron-Voght-Straße 50, Di-So 11.00-18.00