Was Kultursenatorin Barbara Kisseler von den Museen erwartet

Barbara Kisseler, die frühere Chefin der Berliner Senatskanzlei wurde nach dem Regierungswechsel am 23. März zur Hamburger Kultursenatorin ernannt. Sie trat ein schwieriges Erbe an. Zu ihren größten Herausforderungen gehört die Konsolidierung der Hamburger Museumsstiftungen.

Hamburger Abendblatt:

Wie haben Sie die Hamburger Museen von Berlin aus wahrgenommen?

Barbara Kisseler:

Die Diskussionen im vergangenen Jahr, zum Beispiel über die Situation der Kunsthalle, haben mich schon etwas erschüttert.

Im Mai 2010 sollten die Brandschutzklappen als Grund für die zeitweilige Schließung der Galerie der Gegenwart herhalten. Wie haben Sie diesen Vorgang empfunden?

Kisseler:

Den Streit um die Brandschutzklappen fand ich ziemlich unglücklich. Er überlagerte eine dringend notwendige Diskussion, nämlich die um die Ausstattung der Museen. Hier hätten alle Beteiligten mit mehr Fingerspitzengefühl agieren sollen.

Die Museumsstiftungen sind seit Langem unterfinanziert. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?

Kisseler:

Ich weiß nicht, ob ich das Problem in Gänze lösen kann, jedenfalls nicht auf einen Schlag. Richtig ist ganz sicher, dass die Häuser Planungssicherheit brauchen, die sich über einen längeren Zeitraum als ein Jahr erstrecken muss. Und da ist darüber zu reden, ob das finanziell immer nach oben gehen muss oder ob man mittelfristig sagt: So, das ist jetzt das Niveau, auf das wir uns einstellen müssen. Das ist dann aber auch verlässlich. Dass der Senat jetzt entschieden hat, die Tariferhöhungen zu finanzieren, ist schon mal eine Entlastung, damit die Häuser zumindest ihre alltäglichen Aufgaben bewältigen können.

Bisher ist die notorische Unterfinanzierung aber nicht behoben.

Kisseler:

Deshalb wird es darauf ankommen, künftig tatsächlich eine Balance herzustellen zwischen den finanziellen Möglichkeiten, die Hamburg zurzeit bieten kann, und dem, was die Stadt von den Museen legitimer Weise erwartet. Die finanziellen Möglichkeiten haben sich nach den jüngsten Senatsbeschlüssen verbessert, auch wenn sie natürlich alles andere als luxuriös sind.

Gegen die Stimmen der SPD sind die vier historischen Museen 2008 zu einer gemeinsamen Stiftung zusammengelegt worden. Wird es jetzt dabei bleiben?

Kisseler:

Ich glaube, dass man sehr wohl bei diesem Stiftungsgedanken bleiben und zum Beispiel zentrale Dienstleistungen zusammenfassen kann, andererseits sollte aber die inhaltliche Autonomie der vier Häuser entscheidend gestärkt werden.

Das Altonaer Museum wäre im vergangenen Jahr um ein Haar geschlossen worden. Welche Perspektiven sehen Sie heute für dieses Haus?

Kisseler:

Jedes Museum muss eine bestimmte Form der Zeitgenossenschaft finden. Es muss den Platz des Hauses in der aktuellen Situation der Stadt immer wieder neu verorten. Mit dem Kinderolymp und dem Kinderbuchhaus hat das Museum zwei wichtige Faktoren, die ich für ausbaufähig halte. Darüber hinaus muss es darum gehen, dieses Haus dauerhaft lebendiger zu machen. Bei einem solchen Museum reicht es nicht, wenn sich nur ein bestimmter Teil der Stadtgesellschaft dort wiederfindet.

Die Protestbewegung, die sich im Herbst gegen die Schließung formierte, repräsentierte aber eine beeindruckende gesellschaftliche Vielfalt.

Kisseler:

Der Aufschrei, der im Herbst durch Hamburg gegangen ist, hat mich sehr beeindruckt. Auch in Berlin haben Leute aus der Kulturszene, die zuvor überhaupt nicht wussten, dass es in Altona ein Museum gibt, darauf reagiert und gesagt: So etwas darf man nicht tun. Es ging zwar zunächst um das Haus, darüber hinaus war es aber ein Protest gegen einen Angriff auf das kulturelle Selbstverständnis der Stadt: Es gehört sich einfach nicht, ein Museum zu schließen. Die Selbstvergewisserung einer Stadtgesellschaft funktioniert zu weiten Teilen über kulturelle Institutionen. Da können Sie nicht einfach per ordre de mufti sagen: Das rechnet sich nicht mehr.

Das Vertrauensverhältnis zwischen der Leitung der Museen und der Kulturbehörde war in den vergangenen zwei Jahren erheblich gestört. Wie soll es in Zukunft weitergehen?

Kisseler:

Wichtig ist, dass die Institutionen die Kulturbehörde als Anwältin ihrer Belange wahrnehmen können, und zwar auch auf höchster Ebene. Dazu gehört auch, dass man sich über die inhaltlichen Ziele der jeweiligen Institution gemeinsam verständigt. Wenn es Konflikte gibt, sollten diese in respektvollem Ton ausgetragen werden. Das habe ich von außen nicht immer so wahrgenommen, aber seit meinem Amtsantritt bei allen Beteiligten die Bereitschaft zu einem Neuanfang gespürt. Ich glaube, das wird uns gelingen.