Der britische Künstler David Tremlett hinterlässt Spuren in privaten Gemäuern und mondänen Palästen

Festungen, Hütten, Ruinen, White Cubes, aber auch Renaissance-Villen und Hotels sind das Terrain von David Tremlett (geb. 1945). Einem Nomaden gleich durchstreift der englische Künstler die Behausungen dieser Welt, egal, ob ärmliche Bauten am Wegesrand oder mondäne Paläste, einfache Unterkünfte oder repräsentative Gemäuer, privat oder öffentlich. Jedes Mal hinterlässt Tremlett dabei seine künstlerischen Spuren. Manche verschwinden mit der Zeit wie die sprichwörtlichen Spuren im Sand. Andere bleiben dauerhaft im geschützten Innenraum bestehen wie Tremletts Wandzeichnungen in der britischen Botschaft in Berlin.

Aber stets ist es eine andere Spur, die der Künstler in Gestalt eines oder mehrerer Wandzeichnungen aus farbigen Flächen, Schriften, Kreisen, Bögen und anderen fest umrissenen Formen legt. Die Galerie der Gegenwart richtet jetzt David Tremletts erste größere Museums-Einzelschau in Deutschland seit 1992 ein. Im gesamten dritten Obergeschoss wird Tremlett Wandzeichnungen einrichten, die sich unmittelbar auf den Raum vor Ort beziehen. Zusätzlich geben Arbeiten auf Papier und Fotografien einen Überblick über sein Werk.

Wie andere seiner Kollegen, Richard Long oder Gilbert & George, zählt Tremlett zu einer Generation von Bildhauern, die der Skulptur neue Dimensionen eröffneten. Bei ihnen wird weniger das Kunstwerk als die künstlerische Tätigkeit selbst skulptural aufgefasst. Obwohl ausschließlich als Zeichner aktiv, ist Tremletts genuiner Gegenstand der Raum. Das beginnt bei den Trägern seiner Bilder, der Architektur und endet mit seiner Tätigkeit als Dauerreisender durch die globale Vielfalt der kulturellen Räume. Seit Jahrzehnten erschließt sie sich Tremlett in Asien, in Afrika, Australien oder Europa. Aus der Begegnung mit und Reflexion über diese Räume resultieren seine Wandzeichnungen. Er vermeidet Hilfsmittel, stattdessen steht zunächst das Zeichnen einer oder mehrerer Linien auf dem Programm. Anschließend trägt Tremlett allein oder mithilfe von Assistenten die Pigmente seiner Pastellkreide direkt mit der Hand auf die Wand auf. Seine Formen findet er an realen Orten, sei es ein Lichtfleck auf dem Boden oder ein Rhythmus im Raumgefüge.

Nachbarschaften wie die einer Kirche mit traditionellen Wandbildern können die eigenen Entwürfe beeinflussen, ebenso das Spiel mit der realen und möglichen Perspektive. Tremletts Farben sind mitunter durch vorgefundene Materialien inspiriert, unter anderem durch Schiefer, Backstein oder Sand. Aber bei all solcher Form- und Farbinspiration existiert kein Kanon, der die Umsetzungen der Beobachtung ins Bild regelt. Eindrücke, Einfälle, Stimmungen und Atmosphären vor Ort, die "Philosophie von Erleben und Tun, Erfahren und Handeln", wie der Künstler anmerkt, tragen gleichermaßen zum Formvokabular dieses Nomaden bei. Tremlett spricht von einer "universellen Sprache", die er sich im Lauf der Zeit erarbeitet hat. Universell, weil sie sich an einer "reellen Essenz" orientiert, sich auf der Suche "nach einem gemeinsamen Nenner" befindet, der am Phänomen grundsätzlicher Dinge wie Haus, Grundriss oder Landschaft interessiert ist. Die Ausstellung wird ermöglicht durch Ernst & Young.

David Tremlett. Drawing Rooms 25.6.-27.6., 10-18 Uhr, Kunsthalle - Galerie der Gegenwart, Glockengießerwall, wieder ab Ende Oktober