Untypische Fotos des Japaners Nobuyoshi Araki und Impressionen aus Russland im Umbruch von Sergey Bratkov

Nobuyoshi Araki. Der Name ist eng verknüpft mit so faszinierenden wie verstörenden Farbfotografien in barocker Prächtigkeit. Denn Araki zeigt seine nackten weiblichen Modelle gefesselt. Mit diesen "Bondage-Bildern" wurde der japanische Fotograf in den 90er-Jahren international berühmt.

Nun ist ein ganz anderer Araki zu sehen. In der Ausstellung "Silent Wishes" rückt das Haus der Photographie in Kooperation mit dem Museum der Moderne Salzburg frühe Arbeiten des 1940 in Tokio geborenen Künstlers in den Blickpunkt. Im Zentrum steht die Serie "My Wife Yoko".

Zu sehen sind rund 150 eher kleinformatige Schwarz-Weiß-Fotografien, denen die provozierende Geste fehlt. Diese Bilder, zum Großteil aus der Zeit zwischen den späten 1960er-Jahren und 1975, nähern sich mit fast übergroßer Behutsamkeit dem Wesen von Arakis junger Frau Yoko Aoki. Wir sehen sie beim Essen, selbst versunken auf dem Bett liegend oder fast kindlich klein mit Schürze in der Küchentür stehend. Auf zärtliche, poetische Weise sucht Araki all ihre Gesichter und wahrt dennoch ihr Geheimnis. "Meine Liebe fotografieren, damit hat alles angefangen", sagt er. So dokumentierte Araki die Hochzeitsreise und publizierte das Buch "Sentimental Journey", er fotografierte das häusliche Leben und schließlich begleitete er mit der Kamera die letzen Monate im Leben seiner Frau. Die Serie "Winter Journey" von 1989/90 erzählt vom Abschiednehmen.

Den insgesamt 115 Aufnahmen unter dem Titel "My Wife Yoko" stellt das Haus der Photographie neben neueren Werken auch einige Polaroids der Kinbaku-Bilder gegenüber. Das Haus der Photographie zeigt, dass auch diese Arbeiten vor allem eine hohe Sensibilität und der Respekt vor der Unergründlichkeit der Seele kennzeichnen.

Zeitgleich präsentiert das Haus der Photographie mit der Ausstellung "Sergey Bratkov - Heldenzeiten" Arbeiten eines russisch-ukrainischen Fotografen. Bratkov, 1960 geboren, widmet sich mit schrillen, bisweilen an der Grenze des guten Geschmacks operierenden Farbfotografien der Realität des Alltags nach dem Niedergang der Sowjetunion. Die große Werkschau, erarbeitet mit dem Fotomuseum Winterthur, präsentiert 130 Werke, entstanden seit Anfang der 90er-Jahre.

Wer sind die Helden Bratkovs? Kinder, Sekretärinnen, Matrosen. Jedoch: Die Sekretärinnen räkeln sich im Bikini auf Bürostühlen, die Matrosen sind alte, gebrechlich wirkende Männer. Und die Aufnahmen der Kinder haben Bratkov schon viel Ärger eingebracht. Da sitzt ein Mädchen auf dem Badewannenrand, sexy in Schwarz gekleidet mit einer Zigarette an den Lippen. Die Eltern selbst brachten ihre Kinder derart aufgemacht zu ihm, in der Hoffnung, ihren Nachwuchs in einer der zahlreichen Kindermodelagenturen unterzubringen. So spiegeln diese irrwitzigen Fotografien den Zustand einer Gesellschaft, die eine fest gefügte Weltordnung verloren hat und neue Lebensformen erst noch finden muss.

Nobuyoshi Araki - Silent Wishes 18.6. bis 29.8.

Sergey Bratkov - Heldenzeiten Haus der Photographie/Deichtorhallen, Deichtorstraße 1-2, 18.6. bis 29.8., Di-So 11-18 Uhr, Do 11-21 Uhr, Katalog Araki 22 Euro, Katalog Bratkov 45 Euro