Polnische Architektur im Wenzel-Hablik-Museum

Gerundete Kanten, durch halbkreisförmige Balkons wellenartig aufgebrochene Fassaden oder gleich ganz runde Gebäude - der Kreis und damit das Weiche scheint in Polens Architektur eine besondere Stellung einzunehmen. Da ist das runde Kaufhaus in Posen, erbaut zwischen 1948 und 1955 vom Architekten Marek Leykam. Oder die schwungvolle Wohnsiedlung "Die Welle" aus dem Jahr 1970 in Danzig von Rozanski, Morek und Oledzka. Bei der Expo 2005 in Japan überraschten die Architekten Ingarden & Ewy mit dem polnischen Pavillon, der sich wie ein riesiges Kissen in die Landschaft lege.

Der bislang wenig bekannten polnischen Architekturszene widmet sich eine Ausstellung im Wenzel-Hablik-Museum. Unter dem Titel "Polska Architektura. Polen Architektur. Im Spiegel der Geschichte" präsentiert die Schau anhand von Fotografien, Plänen, Zeichnungen und Modellen signifikante Bauwerke aus der Zeit von 1918 bis heute. "Ähnlich wie von der polnischen Literatur oder der polnischen bildenden Kunst kann man auch von einer polnischen Architektur sprechen", sagt Museumsdirektorin Katrin Maibaum.

Nach der wiedergewonnenen Unabhängigkeit Polens ab 1918 kennzeichnen zwei Stömungen die Architekturszene: einerseits das Bestreben, das Heimische sichtbar zu machen - etwa bei polnischen Gutshöfen, andererseits der Drang zur klassischen Moderne. Józef Czajkowski beeindruckte bei der internationalen Kunstgewerbeausstellung 1925 in Paris mit dem polnischen Pavillon: ein kristallines Gebilde mit Turm. In den 30er-Jahren entstand die Hafenstadt Gdynia völlig neu. Ihre Architektur ist einzigartig in Europa.

Der Krieg brachte die Zerstörung vieler Städte. Doch man sah darin auch die Chance zur Verbesserung des baulichen Umfelds für eine neue Gesellschaft. Es gibt einige gelungene Beispiele für Bauwerke aus dieser Zeit, wie das runde Kaufhaus in Posen. Später aber zwangen wirtschaftliche Engpässe die Architekten zum Verzicht auf Details. Es entstanden gesichtslose Bauten aus billigem Material. Nach 1989 entwickelte sich wieder eine kreative Architektur, die sich zunächst in individuellen Buden und Kiosken für Waren aller Art entfaltete. Bald kamen Büro- und Wohnhäuser dazu, die auch international Beachtung fanden. Bei der Architekturbiennale 2008 in Venedig wurde der polnische Beitrag mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet.

Polska Architektura. Polen Architektur. Im Spiegel der Geschichte 13.6. bis 15.8., Wenzel-Hablik-Museum, Reichenstraße 21, 25524 Itzehoe, Di-Fr 14-17 Uhr, Sa 14-18 Uhr, So 11-18 Uhr