Kleinplastiken aus der Nationalgalerie Berlin zu Gast in der Kunststätte Bossard

Die figürliche Plastik spielt im Werk von Johann Michael Bossard eine herausragende Rolle. Der aus der Schweiz stammende Künstler hatte 1894 an der Münchner Kunstgewerbeschule die Bildhauerklasse besucht und sich von da an lebenslang mit Plastik beschäftigt. Zu den wichtigen Projekten in Bossards frühem Schaffen gehört die Monumentalplastik "Das Leben", die zwar nie endgültig ausgeführt wurde, deren Modell aber für erhebliches Aufsehen sorgte und Bossards Ruf als Bildhauer entscheidend begründete.

Nicht als Maler, sondern als Lehrer für plastisches Gestalten wurde Bossard 1907 auch an die damalige Kunstgewerbeschule in Hamburg berufen, in jene Stadt, in der er von 1907 bis 1912 zahlreiche Plastiken im öffentlichen Raum schuf. Dazu zählen zum Beispiel die beiden allegorischen Portalfiguren am Curio-Haus, die vier Figuren über dem Hauptportal des Museums für Völkerkunde, die die unterschiedlichen Kulturen darstellen, sowie die Figuren "Kraft" und "Schnelligkeit" am U-Bahnhof Kellinghusenstraße.

Von 1911 an konzentrierte sich Johann Michael Bossard darauf, auf seinem in Jesteburg in der Lüneburger Heide erworbenen Grundstück ein Gesamtkunstwerk zu schaffen, in dem seine plastischen Gestaltungen besonders nachhaltig zum Ausdruck kamen. Auch wenn Bossard mehrfach monumentale Plastiken geplant hat, beschäftigte er sich immer stärker mit kleineren Formaten. Bei diesen Kleinplastiken orientierte er sich zunächst noch am ausgehenden Historismus und am Jugendstil, fand aber - vor allem seit Beginn der 20er-Jahre - bei Keramiken zu ganz eigenen Formen, die er immer stärker stilisierte und reduzierte.

Bossard war zwar nicht mit vielen Künstlern befreundet, aber er hielt sich über Kunstbücher und Zeitschriften über aktuelle Entwicklungen in der Kunst auf dem Laufenden. Auch durch seine Kollegen an der Kunstgewerbeschule empfing er zahlreiche Anregungen für seine Arbeit.

In welchem stilistischen Kontext er seinen eigenen Weg als Bildhauer suchte und fand, zeigt eine Ausstellung ab dem 25. Juni, die Kleinplastiken aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert mit Bossards plastischem Werk in Beziehung setzt. Gezeigt werden 40 Kunstwerke aus dem Bestand der Alten und Neuen Nationalgalerie in Berlin: Werke von Aristide Maillol, Auguste Renoir, Käthe Kollwitz, Ernst Barlach, Renée Sintenis, Karl Schmidt-Rottluff, Henry Moore und anderen. "Die Plastiken, die wir für diese Ausstellung als Leihgabe erhalten haben, zeichnen die kunstgeschichtliche Entwicklung der gesamten Lebenszeit von Bossard nach.

Wir zeigen Skulpturen des späten 19. Jahrhunderts, des Expressionismus, aber auch jüngere Positionen, zum Beispiel Werke von Karl Hartung, der ein Bossard-Schüler war", sagt Dr. Gudula Mayr, Leiterin der Kunststätte Bossard und zugleich Kuratorin der Ausstellung. Die Spanne reicht vom Historismus bis zur Klassischen Moderne und führt bis zur Ungegenständlichkeit.

Ein eigener Ausstellungsteil präsentiert etwa 40 Werke von Bossard. Der Vergleich mit den Kleinplastiken macht deutlich, dass Johann Michael Bossard zahlreiche inhaltliche und stilistische Elemente seiner Zeit aufgriff, dabei aber doch ein ganz eigenständiges Werk schuf.

Von Renoir bis Moore - Kleinplastiken aus der Nationalgalerie Berlin an der Kunststätte Bossard 25.6. bis 24.10., Kunststätte Bossard, Bossardweg 95, 21266 Jesteburg, T. 04183/ 51 12, Di-So 10-18 Uhr