Prof. Kirsten Baumann über die Zukunft des Hafenmuseums

Wie geht es mit dem Hafenmuseum weiter? Bisher ist es ein Low-Budget-Projekt, doch gerade das Hafenthema könnte Hamburgs Museumsszene enorme Chancen eröffnen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Kommission von Museumsexperten. Das Studio Andreas Heller Architects & Designers erarbeitet zurzeit einen Masterplan für ein attraktives Hafenmuseum. Aber wie passt ein solches Großprojekt zu den Sparzwängen, denen Hamburgs Museen zurzeit unterworfen sind? Wir fragen Prof. Kirsten Baumann, die als Direktorin des Museums der Arbeit auch für das Hafenmuseum verantwortlich ist.

Abendblatt:

Angesichts der notwendigen Einsparungen gibt es Diskussionen darüber, ob das Museum der Arbeit seinen Standort in Barmbek aufgibt und sich im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Hafenmuseums neu profiliert. Was halten Sie davon?

Dr. Kirsten Baumann:

Nichts, denn das Museum der Arbeit ist in Barmbek verankert Hier hat es in den letzten Jahren mit Ausstellungen wie "Sexarbeit" und "Filmkostüme" und "Tempo" reüssiert. Für Ausstellungen dieser Art, die wichtig für die Stadtgeschichte sind, halte ich ein Hafenmuseum nicht für den richtigen Standort. Das Hafenmuseum, das sich aus dem Museum der Arbeit heraus entwickelt hat, deckt einen zwar wichtigen, aber eben nur einen Teil der Hamburger Industriegeschichte ab. Daher ist es meines Erachtens nicht sinnvoll, den Gesamtbereich der Geschichte der Arbeit im Hafen anzusiedeln.

Aber die Geschichte der Hafenwirtschaft wäre etwas, womit Hamburgs Museumsszene auch überregional an Attraktivität gewinnen könnte.

Das sehe ich auch so, nur schließt das eine das andere nicht aus. Ich möchte das Museum der Arbeit in Barmbek erhalten, bin aber auch eine Verfechterin eines richtig großen Hafenmuseums.

Zeitweise bestand sogar die Gefahr dass das Museum in dieser Sommersaison aus finanziellen Gründen nicht geöffnet werden kann. Andererseits erarbeitet Andreas Heller zurzeit einen Masterplan für ein Hafenmuseum, dessen Realisierung erhebliche Mittel erfordern würde. Wie passt dass zusammen?

Das ist eine Frage an die Politik. Die Stadt Hamburg muss sich entscheiden, ob sie ein wirklich großes Hafenmuseum haben will, denn aus den Mitteln der Stiftung Historische Museen wäre ein solches Projekt ganz sicher nicht zu finanzieren. Hier geht es um Größenordnungen, die eher mit dem Internationalen Maritimen Museum zu vergleichen wären.

Das wären etwa 30 Millionen Euro.

Oder sogar noch mehr, sofern man die notwendige infrastrukturelle Maßnahmen mit in die Rechnung einbezieht. Wenn ein solches Projekt wirklich gelingen soll, darf es nicht halbherzig angepackt werden.

Ist denn das Projekt, das Heller erarbeitet, so groß angelegt?

Es gibt zwar keine konkreten Vorgaben, aber jeder weiß, wie umfassend dieses Thema ist. Es umfasst den Schiffbau, die Schifffahrt, den Hafenumschlag und die komplette Sozialgeschichte des Hafens als Herzstück der Hamburger Industriegeschichte.

Ist das heutige Hafenmuseum, das lange Zeit mit dem Zusatz "im Aufbau" firmierte, mit dem künftigen Konzept überhaupt kompatibel?

Das Hafenmuseum, das wir in Kooperation mit der Stiftung Hamburg Maritim betreiben, vermittelt durch die Hafensenioren, also durch Zeitzeugen, die Geschichte der Hafenarbeit. Es besteht in seinem Kern aus einem Schaudepot, in dem etwa 10 000 Objekte in Hochregalen gelagert werden, sowie Schwimmobjekten und Objekten im Außenbereich. Diese Bereiche sind der Ausgangspunkt für den Masterplan, der dann allerdings in einem völlig neuen Konzept münden wird.

Ist der Politik überhaupt schon bewusst, dass dieses Projekt eine enorme Investition erfordert?

Kultursenatorin von Welck ist eine große Verfechterin des Projekts "Hafenmuseum Hamburg". Meiner Einschätzung nach ist ihr sehr wohl bewusst, dass man dafür große Summen in die Hand nehmen muss.

Ist das angesichts der aktuellen Haushaltslage realistisch?

Manchmal ist es einfacher, große Summe zu bekommen, als kleine. Es ist wahrscheinlich leichter, Begeisterung für ein großartiges Hafenmuseum zu wecken als die Mittel für den Betrieb der vorhandenen Museen zu erhöhen, obwohl das ebenfalls notwendig wäre.

Maritime Geschichte wird in Hamburg an vielen Standorten museal dargstellt: von den Museumshäfen über die Museumsschiffe und das Internationale Maritime Museum, das Museum für Hamburgische Geschichte und das Altonaer Museum bis hin zur Ballinstadt. Wäre es nicht notwendig, ein Gesamtkonzept zu entwickeln?

Ich denke Ja, bin mir aber auch sicher, dass sich ein großes Hafenmuseum perfekt in ein solches Gesamtkonzept einfügen ließe. Die Voraussetzungen sind schon deshalb gut, weil sich alle genannten Institutionen keine Konkurrenz machen, sondern sich gegenseitig ergänzen.