Sekt oder Selters hieß es früher, wenn die Kfz-Versicherung prüfte, ob der Kunde bei einem Unfall grob fahrlässig gehandelt hatte. Entweder erhielt er die volle Summe oder gar nichts. Das neue Versicherungsvertragsgesetz änderte diese Praxis. Versicherungskunden können das Problem auch ganz umgehen.

Die Sonne blendet und man rauscht unversehens bei Rot über die Ampel, oder das Kind weint und die Mutter dreht sich zum Rücksitz um – verschuldet ein Autofahrer in so einer Situation einen Unfall, wirft der Versicherer ihm meist grobe Fahrlässigkeit vor. Seit Beginn letzten Jahres darf er seine Leistung im Normalfall nicht mehr komplett verweigern. Je nach Schwere des Verschuldens bildet er eine Quote und kürzt seine Leistung um diesen Anteil.

Was Musterquoten angeht, hielt sich der Gesetzgeber heraus. Da bleibt viel Spielraum für Anwälte und Gerichte. Erstmals beschäftigte sich das Landgericht Münster eingehend mit der Materie (Az. 015 O 141/09). Es wies die Klage einer Autofahrerin ab, die bei Rot über eine Kreuzung fuhr, einen Unfall verursachte und an deren Auto ein Schaden von knapp 17.000 Euro entstand. Die Versicherung zahlte die Hälfte des Betrages, die Frau wollte alles ersetzt haben.

Dass die Sonne geblendet habe, ließ das Gericht nicht als Ausrede gelten. Es handele sich trotzdem um grobe Fahrlässigkeit, weil im Ampelbereich besondere Vorsicht gelte. „Glück gehabt“, sagte die Kammer der Klägerin indirekt. Denn eine Kürzung der Leistung um weniger als 50 Prozent sei „unter keinen Umständen angemessen“.

Unter Fachleuten ist umstritten, ob grundsätzlich bei grober Fahrlässigkeit von einer Quote von 50 Prozent auszugehen ist. Je nach den Umständen könnte die Versicherung dann nach oben oder unten davon abweichen. Damit freundete sich das Münsteraner Landgericht nicht an. Vielmehr sollten sich für bestimmte Musterfälle Quoten von 0, 25, 50 75 oder 100 Prozent herausbilden.

Ein Arbeitskreis des Goslarer Verkehrsgerichtstages beschäftigte sich mit derselben Frage. Auch die Rechtsexperten schlagen Musterquoten für bestimmte Konstellationen vor. Wie die Zeitschrift „Finanztest“ (03/2010) über die Tagung berichtet, dürften Versicherer zum Beispiel bei einem Rotlicht-Verstoß generell um 50 Prozent kürzen. Wer den Schlüssel im Auto stecken lässt, sollte nach einem Diebstahl nur mit einer Erstattung von 25 Prozent rechnen. Bei Alkohol hängt die Quote von der Promillezahl ab. Über 0,5 Promille gebe es die Hälfte, über 1,1 gar nichts. Wer ein Stoppschild überfährt, sollte drei Viertel des Schadens ersetzt bekommen.

Die Gesellschaft darf die Leistung bei grober Fahrlässigkeit übrigens nur in der Kasko-Versicherung einschränken. Die Haftpflicht zahlt immer den kompletten Schadenersatz an den Geschädigten. „Autofahrer können allen Auseinandersetzungen aus dem Weg gehen. Wählen Sie einfach eine Kfz-Versicherung, die auf eine Prüfung der groben Fahrlässigkeit generell verzichtet“, empfiehlt Sabine Goebel, Produktmanagerin beim Online-Vergleichsportal Aspect Online. „Solche Tarife haben mittlerweile fast alle Gesellschaften und unser Versicherungsvergleich weist Top-Anbieter mit einem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis aus.“