Volvo plant exklusive Shuttle-Dienste als Alternative zum eigenen Fahrzeug

    Wie kann ein Premiumhersteller die Privilegien seiner betuchten Kunden in eine möglicherweise unübersichtliche Zukunft hinüberretten? In eine Zeit also, in welcher der Privatbesitz eines Autos rasant an Bedeutung verliert, Carsharing explodiert und autonom fahrende Autos von ganzen Gruppen von Menschen gemeinsam genutzt werden. Eine Frage, auf die Mårten Levenstam eine Antwort hat: „Wir werden Autos bauen, die den Bedürfnissen unserer Kunden nach Privatsphäre und Luxus gerecht werden, die ihre individuelle Mobilität sichern“, sagt der Volvo-Chefstratege.

    Ein Auto dazu gibt es auch schon, auch wenn es noch kein echtes Innenleben hat und nur seine Hülle zeigt. Ein gewaltiges Elektro-Trumm, da es auf der Basis eines aktuellen S90 steht und die Fünf-Meter-Marke knackt. Volvo nennt seine lebensgroße Idee 360c. „360“ steht hier für den kompletten Rundblick in allen Lebenslagen und überall auf den Straßen. Das kleine „c“ bedeutet schlicht „Concept“.

    Der autonome Volvo wird per Smartphone-App gerufen

    Der oberste Planer erläutert den Sinn des Projekts: „Wir verkaufen unseren Kunden nicht nur Autos, sondern Mobilität.“ So sei es vorstellbar, dass so ein Auto ohne Zutun eines menschlichen Fahrers durch Straßen kreuzt und auf Aufträge wartet. Es kann per App bestellt werden, sogar für eine lange Reise in die nächste Stadt. Der Kunde kann zuvor Getränke und Mahlzeiten ordern, die dann gut gekühlt in einer Schublade bereitstehen. Platz ist genug im exklusiven Volvo-Shuttle. Die Mö­blierung ist variabel, reicht von einer Art Lounge mit je zwei gegenüberliegenden Sesseln bis hin zum kompletten Schlafzimmer mit breitem Bett.

    Mårten Levenstam zeichnet ein Szenario: Ein Geschäftsmann hat am nächsten Morgen einen Termin in einer gut 500 Kilometer entfernten Stadt. Er könnte jetzt ganz früh aufstehen, zum Flughafen fahren, bis in ein Parkhaus hinein. Dann einchecken, die Sicherheitskontrolle absolvieren und zum Gate gehen. Anschließend auf das Boarding warten, mit dem üblichen Durcheinander das Flugzeug besteigen, eine gute Stunde durch die Luft düsen und hoffentlich pünktlich am Ziel ­ankommen. Bis er dann am Taxistand steht und schließlich seinen Termin ­erreicht, vergeht nochmals viel Zeit.

    Levenstam: „Er könnte sich aber auch von unserem 360c am Vorabend zu Hause abholen lassen, es sich in ­entspannter Atmosphäre bequem ­machen, einen Film gucken, sein ­bestelltes Menü genießen und schließlich die Nachtruhe beginnen.“ Für die Schlafphase will Volvo extra eine ­Decke mit integrierten Riemen entwickeln, die im Falle eines Unfalls den liegenden Passagier schützt. So kommt der gerade nicht gestresste Manager ausgeruht an den Ort seines Termins.

    Den Luftraum entlasten und die Straßen mit autonom fahrenden Schlafzimmern auf Rädern verstopfen? Diesen Widerspruch sehen die Volvo-Verantwortlichen nicht, da sie davon ausgehen, dass das vollständig automatische Auto auch die Infrastruktur auf den Fernstrecken verändern wird. Eigene Fahrspuren neben dem sicher noch reichlich vorhandenen konventionellen Verkehr mit heutigen Autos können dank geringerer Abstände zwischen den dort verkehrenden Fahrzeugen mehr Platz schaffen. Auf Kurzstrecken in die abgasfreien Innenstädte dürfte der elektrisch betriebene 360c ebenfalls seine Trümpfe ausspielen. „Er bringt die Menschen an sein Ziel und verlässt die Zentren der Metropolen wieder“, sagt Levenstam.

    Mit alledem könnte Volvo seine heutige zahlungskräftige Kundschaft bei der Stange halten, weiterhin Premium und Exklusivität bieten. Auch wenn sich so ein 360c nicht als ein Auto im Privatbesitz eignet. „Das autonome Fahren wird die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht grundlegend verändern und einen großen Einfluss darauf nehmen, wie die Menschen reisen und wie wir unsere Städte gestalten“, so Mårten Levenstam. „Wir betrachten das Konzept als den Anfang eines Gesprächs, das mit der Zeit weitere Ideen und Antworten bringt.“