Einige Systeme werden getestet. Aber noch ist keins davon auf dem Markt

    Bereits 2016 hat das amerikanische IT-Unternehmen Comma.ai ein Technikpaket zur Serienreife entwickelt, mit dem sich moderne Pkw in autonome Autos verwandeln lassen sollten. Kernelement war eine Kamera, die anstelle des Rückspiegels montiert wird und die über eine Schnittstelle zum Radarsystem des Basisfahrzeugs verfügt. Zur Markteinführung kam es dann allerdings nicht: Kurz vor Auslieferungsstart meldete sich die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA mit einem Fragebogen bei Comma.ai. Sie verlangte Auskunft zu Aufbau, Sicherheit und Testverfahren des Geräts. Comma.ai wollte oder konnte nicht antworten und verzichtete auf den Verkauf.

    Am Beispiel eines der Pioniere der Roboter-Nachrüstung lässt sich bereits erkennen, was das Hauptproblem der sogenannten Retrofit-Technik werden dürfte: die ­Sicherheit, bei jedem individuellen Auto zu funktionieren und auch gegen Fehlbedienungen seiner Nutzer immun zu sein. Und das Ganze muss dann auch noch von den Zulassungsbehörden akzeptiert werden.

    Erst Vernetzungsfunktionen statt autonomer Fahrmodi

    In Deutschland hat vor Kurzem das Berliner Start-up Kopernikus sein Nachrüstsystem für autonomes Fahren präsentiert. Der Aufwand übertrifft den des Comma.ai-Ansatzes deutlich: Unter anderem gibt es statt einer gleich sieben Kameras, dazu werden mehrere bordeigene Sensoren des Autos angezapft. Wer rund 3000 Euro übrighat, kann das System bereits heute bestellen. Ausgeliefert wird es allerdings erst, wenn die Entwicklung abgeschlossen ist und alle Zulassungen vorliegen. Wann das sein wird, ist noch unklar. Vor dem kommenden Jahrzehnt dürfte es aber kaum der Fall sein. Ein ähnlicher Zeitplan gilt für den Nachrüstsatz der kanadischen Firma X-Matik Lane Cruise. Als Sensoren reichen den Entwicklern zwei Kameras für die Umfeldbeobachtung, die Lenk-, Brems- und Gasbefehle werden über nachgerüstete Elektromechanik-Bausteine auf Steuer und Pedalerie übertragen. Der anvisierte Zielpreis liegt bei umgerechnet rund 2500 Euro.

    Wie die Verkehrssicherheitsbehörden die Zuverlässigkeit der Technik einschätzen, bleibt abzuwarten. Im Fall von Comma.ai zeigte sich die NHTSA vor rund zwei Jahren auf jeden Fall alarmiert und flankierte den 15 Punkte enthaltenden Fragenkatalog mit der Androhung einer Zivilstrafe bei Nichtbeantwortung in Höhe von 21.000 Dollar pro Tag. Klärung verlangte die Behörde in zahlreichen Punkten. So sollte sich Comma.ai etwa zur Befestigung im Fahrzeug äußern, ein wichtiger Aspekt nicht zuletzt bei der Kalibrierung des Systems. Die Erschütterungen während der Fahrt dürfen beispielsweise nicht dazu führen, dass die Kamera verrutscht und falsche Positions- und Umfeld-Informationen an den Fahrcomputer liefert.

    Größere Chancen als auf dem Privatkundenmarkt haben Nachrüstanbieter angesichts der nicht zuletzt kostspielig zu überwindenden rechtlichen Hürden daher möglicherweise zunächst bei Autokonzernen und Mobilitätsdienstleistern. Diesen Weg ist beispielsweise das US-Start-up Cruise Automation gegangen. 2016 wurde das 2013 gegründete Unternehmen mit seinem wertvollen Know-how fast folgerichtig von General Motors übernommen. Die Nachrüstsätze der Kalifornier kommen nun in der konzerneigenen Testflotte voll automatisierter Robotermobile zum Einsatz – in Form voluminöser und recht unansehnlicher Sensorpakete auf dem Fahrzeugdach. Für den Privatkunden wäre ein solches Radar-Trumm schon ästhetisch wenig ansprechend. Hinzu käme das Problem von Justierung und Wartung.

    Für den Privatkundenmarkt dürften zunächst weniger komplexe Nachrüstsysteme zum Einsatz kommen: Spurhalteassistenten oder Abstandswarner statt voll automatisierter Autopiloten. Oder Vernetzungsfunktionen statt autonomer Fahrmodi. Der erste Schritt ist übrigens bereits gemacht. So bietet etwa VW seit Kurzem die Möglichkeit, bis zu zehn Jahre alte Fahrzeuge per „Data Plug“-Datenstecker zu vernetzten Smart Cars zu machen.