Die vierte Generation des Jeep Wrangler ist sich optisch treu geblieben, wurde aber technisch von den Ingenieuren deutlich aufgerüstet

    Man glaubt es kaum angesichts der Fülle von SUV, die nichts weniger wollen als im Gelände fahren: Es gibt immer noch echte Offroader, für die keine Prüfung abseits der Straße zu hart ist. Ab September neu auf dem Markt: die vierte Generation des Jeep Wrangler.

    Moment, erst die vierte Serie? Auch das ist schwer zu glauben, doch die sieben Modellreihen zuvor hießen nicht Wrangler, sondern einfach Jeep, ­gekennzeichnet nur durch die Werks­bezeichnung CJ für Civilian Jeep – im Gegensatz zum Militärfahrzeug Willy’s Jeep, mit dem 1942 alles begann. Optisch ist der neue Wrangler sich und ­seinen Vorfahren treu geblieben, aber die Fans, die sich selbst Jeeper nennen, wollen es auch gar nicht anders haben. Die kantige und hochbeinige Karosserie gibt beim ersten Anblick das Versprechen auf maximale Geländegängigkeit, und auf viel mehr kommt es den Jeepern gar nicht an. Anpassungen an die Trends des bürgerlichen Autolebens sind in dieser Klientel nicht erwünscht.

    So ist auch das neueste Modell weit entfernt davon, auf der Straße einen souveränen und komfortablen Eindruck zu machen. Ganz gleich, ob man die klassische Variante probiert oder den um 55 Zentimeter längeren Viertürer, der Jeep fährt überallhin, nur nicht ­geradeaus. Jeder Rille laufen die Reifen nach, und die Lenkung tut nicht viel ­dagegen – sie wirkt, als hätte sie Spiel (was nicht so ist), und wenn man mal scharf abbiegt, stellt sie sich nur unwillig ­wieder zurück.

    Beim Testfahren im Jeep kann es einem mulmig werden, auch wenn die Streckenposten im Wald sagen, das ­gehe schon, man solle das Auto einfach mal machen lassen. Also gut: Geländeuntersetzung eingelegt (so etwas haben SUV gar nicht), und das Verhältnis aus Geschwindigkeit der Räder und Kraft des Motors verschiebt sich dramatisch. Nun steht viel von den maximal 450 Newtonmetern des neuen 2,2-Liter-Dieselmotors (147 kW/200 PS) schon im Schritttempo zur Verfügung. Langsam, aber selbstbewusst schiebt sich der Wrangler voran – erstaunlich, wenn man das überraschend hohe Gewicht von mehr als zwei Tonnen bedenkt.

    Mit viel Bodenfreiheit fährt er mühelos über Stock und Stein

    Tiefe Rillen tun sich links auf, rechts ­ragen dicke Baumwurzeln aus dem Waldboden, aber nichts von dem beeindruckt das Auto. Mit 25 Zentimeter ­Bodenfreiheit fährt der Wrangler buchstäblich über Stock und Stein, nur an einer Stelle ist der Schlamm so tief, dass er mit schmatzendem Ton die Räder umschließt: Hier kann man, zumindest im optimal ausgerüsteten Jeep Wrangler Rubicon, noch Differenzialsperren für die Vorder- und Hinterachse ­zuschalten, sodass sich der Wagen wieder scheinbar mühelos befreien kann.

    In solchen Situationen zeigt sich dann auch der Wert der etwas indifferenten Lenkung: Sie muss hier nicht millimetergenau den Kurs korrigieren wie auf einer Rennstrecke. Vielmehr muss sie zulassen, dass das Auto den ausgetretenen Spuren nachläuft, und sie darf die Vorderräder auch nicht zu ­zackig einschlagen – auf matschigem Untergrund gibt es wenig Grip, und da nützen schnelle Lenkbewegungen überhaupt nichts.

    In der Ruhe liegt die Kraft, das ist das Leitmotiv gerade in unbekanntem Gelände. Auch wenn die Stollenreifen des Modells Rubicon immer mal zu einem Extra-Gasstoß verleiten, weil man sie so vom Matsch befreien kann – besser ist es, vor allem für alle Mitreisenden, wenn Fahrer und Auto sich langsam vorantasten. Leider kann sich auch Jeep nicht davon frei machen, in Werbefilmchen das zügige Fahren im Gelände darzustellen. Das Wasser spritzt dann schöner, aber die Fahrt wird auf jeden Fall unangenehmer für Mensch und Material.

    Wieder zurück auf fester Straße stellt sich die Frage: Werden die Menschen den neuen Jeep Wrangler auf Anhieb als neuen Jeep Wrangler erkennen? Das wird schwierig, auch wenn es natürlich Hinweise gibt. So sind die beiden Rundscheinwerfer nicht nur serien­mäßig mit LED-Lampen bestückt, was der ganzen Front ein seltsam modernes Aussehen verleiht, sondern sie ragen auch ein kleines Stück in den typischen Jeep-Grill mit seinen sieben senkrechten Streben hinein. Der wahre Jeeper weiß: Das hat es schon mal gegeben, nämlich bei einigen Generationen des 1944–1986 gebauten Jeep CJ.

    Innen erwartet den Fahrer ein digitales Cockpit, dazu der größte Zentralbildschirm (8,4 Zoll), den es je bei Jeep gab – und der neue Wrangler kann ­sowohl mit Apple Carplay als auch mit Android Auto etwas anfangen, also die Apps der Smartphones während der Fahrt ins eigene Infotainmentsystem ­integrieren. Da überrascht die serienmäßige Rückfahrkamera mit hochauf­lösendem Bild kaum noch, und den Tausch des Zündschlosses gegen einen Startknopf nimmt man ebenfalls hin.

    Angesichts der ganzen Modernitäten wandert der Blick misstrauisch ­hinunter zu den Schalthebeln – allein um zu prüfen, ob der zweite Hebel, der den ganzen Charakter des Jeep Wrangler ausmacht, noch da ist. Das technische Herz des Autos hat zwar eine Art Schrittmacher bekommen, ist aber im Charakter unverändert geblieben.

    Nach wie vor fährt man den Jeep Wrangler normalerweise mit Hinterradantrieb – 2H heißt die entsprechende Schalterstellung. Wer die Vorteile des Allradantriebs nutzen will, hat nun zwei Möglichkeiten dazu statt nur eine: Früher konnte man auf 4H umschalten, und dann gelangten je 50 Prozent der Motorkraft auf Hinter- und Vorderachse. Das geht heute auch noch, aber schlauer ist es, den Hebel auf 4H Auto zu legen.

    Fazit: Der Jeep Wrangler, der je nach Ausführung zwischen 46.500 und 56.000 Euro teuer ist, ist nach wie vor kein Auto für jedermann. Wer mit ihm reisen oder vielleicht auch nur täglich zur Arbeit fahren will, wird bald erkennen, dass es für diese Zwecke wesentlich bessere Autos gibt. Wer ihn hingegen als Begleiter für Fahr-Abenteuer einsetzt, wird Blutsbrüderschaft mit ihm schließen wollen.