Er sieht aus wie der Ur-Bulli, fährt aber mit Strom – der VW ID Buzz soll nach dem Vorbild der Designstudie 2022 in Serie gehen

Abgasskandal, Kartellverdacht und der galoppierende Verlust des Vertrauens – bislang hat VW angesichts des riesigen Imageschadens nur gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Doch jetzt nehmen die Niedersachsen ihr Schicksal wieder selbst in die Hand und blasen zur großen Charmeoffensive. Dabei setzten sie auf einen Sympathieträger, wie es ihn im ganzen Konzern nur einmal gibt: den VW Bus. Ganz nach dem Vorbild der Designstudie ID Buzz soll er als elektrische Inkarnation der Ikone tatsächlich in Serie gehen, haben die Niedersachsen beim Concours d’Elegance im mondänen Pebble Beach verkündet: Als eines von mindestens fünf reinen Elektroautos bei der VW-Marke und 25 in der ganzen Gruppe soll er im Jahr 2022 auf den Markt kommen – nach dem ID Schrägheck, wie wir ihn aus Paris kennen, und dem SUV-artigen ID Cross aus Shanghai.

VW-Markenchef Herbert Diess hat die elitärste Motorshow der Welt nicht ohne Grund als Ort der Verkündung gewählt. „Der Microbus, wie der Bulli in Amerika heißt, war immer Teil des kalifornischen Lifestyles“, sagt Diess und will deshalb auch das Comeback von dort aus starten. Nachdem die VW-Krise in den USA ihren Anfang genommen hat, könnte so mit dem ID Buzz dort auch ihr Ende beginnen. „Mit dem ID Buzz haben wir endlich die Lösung, wie wir den Bulli neu erfinden und in die Zukunft bringen können“, sagt Diess: „Mit einem Elektroantrieb.“ Denn so machen die Niedersachsen den Bus von gestern nicht nur fit für die Zukunft, sondern sie bieten auch jene Raumeffizienz, die das Original über Jahre so einzigartig gemacht hat. Und das sympathische Design ist wie die Kirsche auf dem Kuchen.

Ab 2025 will VW auch einen autonomen Modus anbieten

Was den ID Buzz so vielversprechend macht, ist nicht nur sein elektrischer Antriebsstrang, der eine Flachboden-Batterie von bis zu 111 kWh und ein oder zwei 150-kW-Motoren für Heck- oder Allradantrieb kombiniert. Es ist nicht die in einem VW Bus bislang unerreichte Beschleunigung von 0 auf 100 in weniger als fünf Sekunden. Es ist auch nicht das Design, das außen schnörkelloser und innen schlichter kaum sein könnte. Es ist vor allem der Umstand, dass der futuristischste VW Bus dem historischen Mikrobus näherkommt als alle Generationen dazwischen. Er hat das gleiche Verhältnis von Größe und Raum, er hat denselben freundlichen Charakter. Er hat sogar den Motor wieder im Heck. Doch ist das handgefertigte Einzelstück weniger sportlich, als das Datenblatt verspricht. Die ungewöhnlich schlanken und hohen Reifen auf ihren 22-Zoll-Felgen sind etwas laut und nicht sehr komfortabel, der Wendekreis ist wegen des Radstandes von 3,30 Metern so riesig, dass man gut verstehen kann, weshalb VW für die Serie über eine Hinterradlenkung nachdenkt.

Was man dagegen noch nicht ausprobieren kann, das ist der autonome Modus des ID Buzz, den Volkswagen Schritt für Schritt ab 2025 anbieten will. Weil alle Sensoren und Kameras noch fehlen, kann man nur im Stillstand versuchen, was bald auch während der Fahrt funktioniert: Man muss nur den Finger für mehr als drei Sekunden auf das VW-Logo legen oder ein bisschen an seinem Sitz ruckeln – und das Lenkrad zieht sich ins Armaturenbrett zurück. Dann kann man seinen Sessel um 180 Grad nach hinten drehen und seine ganze Aufmerksamkeit den bis zu sieben Personen widmen, die in der geräumigen Lounge noch Platz finden. Oder man überlegt, wie man sein Gepäck auf bis zu 4600 Liter Stauraum verteilt.

Natürlich werden sich einige Details noch verändern, bis in gut vier Jahren die Produktion endlich startet. Zum Beispiel könnte das Auto auf die Größe eines Touran schrumpfen und dann trotzdem noch so viel Platz bieten wie heute ein T6, deutet einer der Entwickler an. Es wird sein rechtwinkliges Lenkrad verlieren, weil es ein bisschen schwer zu handhaben ist, während man enge Kurven nimmt oder in Parklücken rangiert, und es wird ein paar Schalter und Anzeigen bekommen, weil VW die Kunden beim Trip in die Zukunft nicht gleich überfordern will. Aber seinen Charakter wird es behalten.

Neben dem elektrischen Antriebsstrang, der Technologie für autonomes Fahren und jeder Menge Konnektivität, bietet der ID Buzz noch viele Gimmicks: ernsthafte wie die Kameras anstelle der Spiegel und die Gesichtserkennung als ­Ersatz für den althergebrachten Tür- und Zündschlüssel, aber auch alberne wie den kleinen Buddha, der mit einem breiten Grinsen unerschütterlich über dem Armaturenbrett schwebt. Der hat zwar keinen tieferen Sinn, aber er will uns trotzdem vielleicht etwas sagen: Wer nur lange genug die Ruhe behält und Probleme einfach aussitzt, hat am Ende gut lachen.