Auf der Automesse Shanghai stellen nicht nur Chinesen ihre E-Neuheiten vor, sondern auch die deutschen Hersteller

VW präsentiert auf der Messe Auto Shanghai 2017 (bis 28. April) das dritte Modell der I.D.-Reihe. Beim I.D. Crozz handelt es sich um ein vollelektrisches CUV – „Crossover Utility Vehicle“. Der Hersteller beschreibt es als „viertüriges Coupé und SUV zugleich“. Das Fahrzeug soll als sportlicher und interaktiver Allrounder auftreten, mit einer Reichweite von 500 Kilometer für längere Touren geeignet. Ein Allradantrieb soll Fahrten abseits befestigter Routen ermöglichen. Der E-Antrieb leistet 225 kW/306 PS und ermöglicht eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Die Batterien sollen sich innerhalb von 30 Minuten zu 80 Prozent aufladen lassen.

Neben dem Elektroantrieb setzt VW bei der I.D.-Studie auf einen vollautonomen Autopiloten. Dieser wird durch Druck auf das VW-Logo im Lenkrad aktiviert, das im Armaturenbrett verschwindet und eine Einheit mit den Anzeige- und Bedienelementen bildet. Außerdem ist ein Clean-Air-System (ähnlich wie im Tesla Model X) an Bord. Die Scheinwerfer verfügen über LED-Technik und sollen im Autopilot-Modus mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren. Der Innenraum wird – trotz kompakterer Außenmaße – auf dem Niveau des Tiguan Allspace liegen. Mit der Studie E-Tron Sportback gibt auch Audi einen Ausblick auf sein mittlerweile zweites reines Elektroauto. Die Serienversion des viertürigen Coupés mit leicht erhöhter Sitzposition soll 2019 starten. Technisch gleicht das Modell dem bereits für 2018 angekündigten SUV. Wie schon bei dessen IAA-Studie E-Tron Quattro sorgt beim zweiten Konzeptfahrzeug ein elektrisches Motorentrio für bis zu 370 kW/505 PS Leistung, permanenten Allradantrieb und Spurtzeit von 4,5 Sekunden. Wer das Beschleunigungspotenzial nicht auslastet, soll mit der 95 kWh großen Batterie mehr als 500 Kilometer weit kommen. Eine ähnliche Antriebskonfiguration soll sich in den Serienvarianten der beiden Elektromodelle finden.

Die Chinesen finden langsam zu einem eigenen Design

Den Start macht 2018 das große SUV, der Sportback folgt ein Jahr später und platziert sich innerhalb des Audi-Portfolios in der Nähe des konventionell angetriebenen A7 Sportback. 2020 könnte dann ein Kompaktmodell auf Basis des Volkswagen-Elektrobaukastens das Angebot ergänzen.

Vor allem für Europäer bietet die Messe neben der üblichen Neuheitenschau allerdings noch etwas ganz Besonderes: die Möglichkeit, in eine Automobilwelt einzutauchen, in der wir mitunter noch nicht mal die Markennamen kennen. Diese Parallelwelt der asiatischen Hersteller ist keine kleine. Mitunter sind die Stände von Zotye, Hanteng, Trumpchi, Wey, Hongqi und Co. größer als die Ausstellungsflächen von VW oder Audi. Und egal, was dort auch gezeigt wird – für europäische Augen ist fast alles eine Neuheit, über die sich zu informieren gar nicht so leicht ist.

Meist scheitert es an der Sprachbarriere. Infomaterial auf Englisch ist nur selten zu bekommen. So bleibt einem also oft nur übrig, sich auf die eigenen Augen zu verlassen. Und die sehen vor allem eins, nämlich SUV. Egal, wo man hinblickt, keiner der chinesischen Hersteller kommt mehr ohne die hochbauenden Pseudo-Offroader aus. Während die Asiaten früher allerdings Großmeister im Abkupfern deutscher Premiumdesigns waren, setzen sich langsam individuelle Designs durch.

Klar, die Eins-zu-eins-Kopien gibt es immer noch, man denke nur an das Paradebeispiel Land Wind, das den Land Rover Evoque nahezu perfekt kopiert hat, inklusive des Markennamens auf der Motorhaube. Auch Lifan hält sich ziemlich originalgetreu an den Ford ­S-Max, und BAIC, der Kooperationspartner von Mercedes in China, scheut nicht ­davor zurück, eine ziemlich gute G-Klasse-Kopie gleich neben dem Daimler-Stand zu zeigen.

In Summe ist die Zeit der Raubkopien vorbei. Wirklich eigenständig sind die Modelle dennoch nicht: Würde man Hyundai, Mazda oder Nissan draufschrauben, würden es die meisten ebenso glauben. Deutlich nachgelegt haben die Hersteller aus dem Reich der Mitte in ­Sachen Innenraum und Qualität. Das Gros der gezeigten Autos ist inzwischen ordentlich verarbeitet und mit guten Materialien ausgestattet. Und auch die Haptik passt. Das fängt bei angenehm anzufassenden Oberflächen an und hört bei satt ins Schloss fallenden Türen auf. Gestalterisch setzen auch die Chinesen auf große Touchscreens, für Asien erstaunlich wenige Knöpfe und immer häufiger auch auf volldigitale Instrumente. Das ist nötig, wollen sie zukünftig in Europa erfolgreich sein – wie zum Beispiel Lynk & Co, die als Volvo-Schwestermarke gleich ganz auf schwedische Technik setzen.

Die Nase vorn haben die chinesischen Hersteller schon jetzt beim Antrieb, zumindest beim E-Antrieb. Während man die grünen Autos in Genf, auf der IAA oder in Detroit mit wenigen Händen durchzählen kann, findet sich in Shanghai kaum ein Stand, an dem sich nicht mehrere Elektroautos oder Plug-in-Hybride tummeln.

Dass in China im vergangenen Jahr über 300.000 E-Autos verkauft wurden, hat damit zu tun, dass es viel einfacher ist, ein E-Auto zuzulassen. Für einen Verbrenner muss man, wenn man sein altes Auto nicht vorher abgibt, an einer Kennzeichenlotterie teilnehmen – mit einer Gewinnchance von vier Prozent in Shanghai und weniger als einem Prozent in Peking.