130.000 Kunden weltweit haben sich bereits auf die Warteliste für das neue Modell 3 setzen lassen. Auslieferung ab Ende 2017

Tesla-Fans auf der ganzen Welt haben dem Moment entgegengefiebert. Nun heißt es für Konzerngründer Elon Musk: Mission (zunächst) erfüllt. Anderthalb Jahre vor dem angekündigten Serienstart seines „Model 3“ hat der E-Autohersteller die Vorfreude auf die echte Premiere mit einem Kick-off-Event weiter erhöht. Ab Ende 2017 will Musk die bisher nur für sehr solvente Käuferschichten erschwinglichen Stromer in den Massenmarkt drücken.

Das in der Nacht zu Freitag im Space-X-Center im kalifornischen Hawthorne mit viel Brimborium vorgestellte Auto wird in den USA schon für 35.000 Dollar (rund 31.000 Euro) zu haben sein. Davon lassen sich noch steuerliche Vergünstigungen abziehen, die je nach Bundesstaat bis zu 10.000 Dollar betragen können. Bis Freitag meldete Tesla bereits rund 130.000 Vorbestellungen – Tendenz steigend. Details zum neuen Mittelklasse-Modell wurden kaum verraten. Die Messlatte jedoch hat Elon Musk hochgesteckt.

Mit rund vier Metern ist der Elektro-Viertürer, den Chefdesigner Franz von Holzhausen beim Stapellauf in drei Farben auf die Bühne rollen ließ, kaum länger als ein VW Polo. Fast 350 Kilometer Reichweite soll das ­E-Auto bieten und selbst in der Basisversion in unter sechs Sekunden von 0 auf 100 km/h ­beschleunigen. In den USA sollen bis Weihnachten 2017 insgesamt 7200 Ladestationen („Supercharger“) bereitstehen, an denen der Tesla 3 und seine Schwestermodelle in rund 30 Minuten mit Starkstrom aufgetankt werden können. Serienmäßig ist unter anderem die Hardware für einen Auto­piloten, der das Fahrzeug teilautonom fahren lässt. Per kostenpflichtigem Software-Up­date kann man den Wagen dafür frei­schalten lassen. Auch der Anschluss für das ­Supercharger-Netzwerk ist immer an Bord. Ob die Model-3-Kunden ebenso wie die des Model S an den von Tesla ­­installierten Schnelladestationen ­kostenlos Strom beziehen können, ist bisher noch nicht bekannt.

Der jetzt in Kalifornien gezeigte Prototyp zeigt bei den Proportionen viel ­Ähnlichkeit mit dem Model S, eine Weiterentwicklung ist aber deutlich ­erkennbar. Das Dach des Viertürers streckt sich sehr coupéhaft in Richtung des verkürzten Hecks. Die Front hingegen, die durch die gänzlich fehlende Kühleröffnung (so etwas braucht kein Elektroauto) sehr un­gewöhnlich, aber durchaus schick wirkt, ist dynamisch gestaltet – unter anderem mit sich in die stark konturierte Motorhaube hineinziehenden Scheinwerfern im Stile eines Sport­wagens.

Während die äußere Gestaltung schon sehr seriennah aussieht, wirkt das Innere des Showcars noch ziemlich futuristisch, weil quasi leer bis auf den freischwebenden Querformat-Touchscreen in Laptop-Bildschirm-Größe an der Mittelkonsole, der sämtliche Armaturen ersetzt und diverse Autopilotfunktionen wie Spurwechsel bietet.

Fünf Erwachsene sollen komfortabel sitzen, verspricht Musk. Zudem soll es mehr Platz in den beiden Kofferräumen vorn und hinten geben als in einem vergleichbaren Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Den angekündigten ­Beginn der Auslieferung Ende 2017 kommentiert er etwas selbstironisch mit: „Ich bin zuversichtlich.“ Der Start des Model X musste mehrfach nach hinten verschoben werden, in ­diesem Jahr kommt das SUV endlich hierzulande zu den Kunden.

Tesla-Jünger schreckt das alles ­jedoch nicht: Noch bevor Musk die ersten Details zum neuen Modell präsentierte, sicherten sie sich ein ­Vorkaufsrecht für das Model 3. Nach Freischaltung der Reservierungsmöglichkeit leisteten Zigtausende Fans weltweit eine Anzahlung von 1000 Dollar bzw. Euro, um sich ein Auto zu sichern. Auch in Deutschland standen immerhin einige Dutzend ­Fans vor den Stores. Zum Vergleich: In etwa so viele Autos vom Typ Model S hat Tesla bisher ins­gesamt hier verkauft.

Das neue Volumenmodell soll die Marke nun weiter etablieren und in die Gewinnzone bringen. Anstatt mit einem preisgünstigen Modell zu ­beginnen, um auf hohe Stückzahlen zu kommen, hat Tesla das Feld von oben aufgerollt – mit dem in limitierten Stückzahlen hergestellten Roadster, der Oberklasse-Limousine Model S (seit 2012, ab 78.000 Euro) und dem Oberklasse-SUV Model X (seit 2015, ab 93.000 Euro). Experten sehen im Model 3 nun die Nagelprobe für den langfristigen Erfolg. „Aufgrund der hohen Stück­zahlen muss mit dem neuen Modell Geld verdient und nachhaltig die Profitzone erreicht werden“, sagt Stefan Bratzel, Professor an der FH Bergisch-Gladbach und Direktor des Center of Automotive Management. Er meint, dass der Einstieg von oben durch die Oberklasse-Modelle eine hohe Begehrlichkeit ausgelöst habe. Hinzu komme die vergleichsweise hohe Reichweite der Modelle mit einher­gehender Alltagstauglichkeit. Und schließlich sei der Aufbau einer (kostenlosen) Schnell­ladeinfrastruktur bemerkenswert. „Wird das Model 3 zum Erfolg, könnte das den Durchbruch für die Elektromobilität bedeuten.“

Bei aller Euphorie sollte man aber bedenken, dass Tesla seit Gründung noch keinen Cent verdient hat und die Aktie mal abgestürzt ist. Das Minus durch hohe Investitionen in neue Modelle beträgt fast eine Milliarde Dollar. Auch vom angeblich so niedrigen Einstiegspreis sollte man sich nicht blenden lassen. Wenn das Model 3 nach Deutschland kommt, wird es – wie schon bei anderen Tesla-Typen zu sehen – für Endkunden etwa ein Drittel teurer sein als auf der US-Preisliste. Das liegt vor allem an der deutschen Mehrwertsteuer und den Kosten für Transport und EU-Umrüstung. Ob eine deutsche Kaufprämie staatliche Anreize bietet, ist zudem noch immer offen.