Es wird nicht mehr lange dauern, bis sich das Auto allein zum Service anmeldet

„Hallo Werkstatt, ich bin’s, das Auto.“ Was wie aus einem Science-Fiction-Film aus den 70er-Jahren klingt, ist fast schon Realität. Die Kommunikation zwischen Auto und Autohaus nimmt zu. Daten bestimmen immer stärker auch den Alltag in den Werkstätten. Fehlercodes ersetzen den Ölstab und das Messgerät.

Bereits heute ist es normal, bei einer Inspektion Daten im Rahmen einer Fahrzeugdiagnose auszulesen. Über eine Standardschnittstelle schließt der Mechaniker ein Diagnosegerät per Kabel an. Immer mehr Autos verfügen aber bereits über eine fest eingebaute SIM-Karte. Damit sind sie in der Lage, via Mobilfunk mit der Werkstatt zu kommunizieren. „Das sind häufig SIM-Karten, die nicht für Sprachverbindungen ausgelegt sind, sondern nur für das Übertragen von Daten“, erläutert Nicolaus Gollwitzer, Leiter des globalen Telematik-Bereichs bei Vodafone. Über die SIM-Karte können diverse Informationen übertragen werden, angefangen von technischen Daten bis hin zur Anzahl der Insassen, was etwa bei einem Unfall über die Airbag-Sensoren registriert werden kann.

Noch gibt es keine einheitliche Telematik-Plattform für Autobesitzer

Einen automatischen Datenfluss gibt es nur bei der Notruffunktion, dem eCall. „Bei allen anderen Anwendungen muss der Autobesitzer zunächst zustimmen, dass Daten seines Autos über die SIM-Karte verschickt oder empfangen werden dürfen“, sagt Gollwitzer. Zusammengefasst wird diese Datenkommunikation unter dem Begriff Telematik. Ist der Fahrer damit einverstanden, kann sich zwischen dem Auto auf der einen Seite sowie Autohersteller und Werkstatt auf der anderen Seite ein reger Austausch entwickeln. Umgekehrt können die Fehlercodes des Autos von den Werkstätten empfangen werden. „Werden bestimmte Fehlercodes priorisiert, meldet das Fahrzeug dies automatisch dem Servicebetrieb, und der wiederum kann den Kunden wegen eines Termins kontaktieren“, erzählt Gollwitzer. „Das Auto spricht praktisch direkt mit dem Meister.“ Zum Werkstatttermin selbst sind dann eventuell notwendige Ersatzteile bereits am Lager.

„Die Arbeit am Fahrzeug selbst wird sich nicht groß verändern, die Werkzeuge und Servicegeräte hingegen entwickeln sich weiter“, sagt Ulrich Köster vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Vor allem werden die Mechatroniker in den Werkstätten künftig in der Lage sein, mehr Arbeiten sozusagen per Fernwartung durchzuführen. „Der Autofahrer hat die Möglichkeit, technisch fundierten Rat zu einem Fehler im Fahrzeug zu bekommen, ohne gleich die Werkstatt aufsuchen zu müssen“, erläutert Johannes Boos vom ADAC. „Der Techniker in der Werkstatt kann mit dem Netzwerk des Fahrzeugs kommunizieren, Fehlercodes zurücksetzen oder Aktoren ansteuern, um das Problem einzugrenzen und die Reparatur vorzubereiten“, so Boos. Unter dem Strich spart der Autofahrer Zeit. „Reparaturen können nach Bedarf ausgeführt werden, was Kosten für Wartung und Reparatur sinken lassen kann.“

Davon geht auch der Fahrzeugzulieferer Continental aus. „Zukünftig wird es noch mehr darum gehen, einen Fehler anhand der Daten so früh zu erkennen, dass das Problem verhindert werden kann“, meint Patricia Stich.

Allerdings gibt es bislang noch keine einheitliche Telematik-Plattform, weshalb Autobesitzer auf das Werkstattnetz ihrer Marke angewiesen sind. Hier fordern sowohl der ADAC als auch der ZDK eine standardisierte Plattform. „Falls die Telematik-Schnittstelle von einem einzigen Interessensvertreter, zum Beispiel einem Fahrzeughersteller kontrolliert wird, gibt es keine Wahlfreiheit“, warnt Boos. „Der Kunde soll entscheiden, welchem Anbieter er Zugang gewähren will“, meint Köster.

Für die Hersteller bieten sich auch neue Geschäftsmodelle, wie etwa ein Chiptuning auf Zeit. „Plant ein Autofahrer eine Fahrt in die Berge, kann er sich ein elektronisches Motortuning via SIM-Karte einspielen lassen“, nennt Gollwitzer ein mögliches Zukunftsszenario. Dieses Upgrade kann für vier Wochen gelten, dann wird das System wieder zurückgesetzt. Vor allem viele Mittel- und Oberklassefahrzeuge laufen heute bereits standardmäßig mit eingebauter SIM-Karte vom Band. Von den Standortdaten via App über einen Werkstattbutton bis zum leistungsstarken WLAN-Hotspot ist vieles schon möglich.