Der Range Rover Evoque zeigt auf elegante Weise, wie ein SUV als Cabrio aussehen kann

Profis auf dem Gebiet automobiler Skurrilitäten mögen sich vielleicht ­erinnern: Es gab schon mal ein SUV-Cabrio, von Nissan. Die Japaner haben tatsächlich 2011 den Murano in einer offenen Variante auf den US-Markt ­gebracht und 2015 wieder eingestellt. Wahrscheinlich aus Rücksicht auf den guten Geschmack. Dass es auch eleganter geht, beweist Land Rover: Ab dem 4. Juni steht das Range Rover Evoque Cabriolet für mindestens 51.200 Euro beim Händler und soll rund 15 Prozent der Kunden anlocken. Land Rover geht davon aus, dass durch das Cabrio der Absatz um rund 1000 auf mindestens 7000 Fahrzeuge pro Jahr steigt.

Das dürfte gelingen: Mit leicht aufsteigender Schulterlinie und einem kecken Heckspoiler wirkt das Cabrio so, als wäre ein offenes SUV das Selbstverständlichste auf der Welt. Spannt sich dagegen das derzeit flächengrößte Verdeck auf dem Markt über die Sitze, verliert der Evoque ein wenig von seinem Glanz; aber irgendwie müssen die Passagiere schließlich vor Wind und Wetter geschützt werden. Die Stoffmütze verschwindet bis 48 km/h binnen 18 Sekunden im Heck, das – offen wie geschlossen – Platz für 251 Liter ­Gepäck bereitstellt. Umgekehrt tun sich die vier E-Motoren etwas schwerer, das Entfalten dauert drei Sekunden länger. Der Preisaufschlag von rund 3500 Euro gegenüber den geschlossenen Varianten ist für ein Cabrio nicht unüblich und gering im Vergleich zum Aufwand, den die Briten betreiben mussten, um dem offenen SUV höchstmögliche Verwindungssteifigkeit zu verpassen. An allen Ecken und Enden haben die Ingenieure die Karosserie verstärkt, was in 200 Kilogramm extra und fast zwei Tonnen Leergewicht resultiert.

Für den Antrieb stehen drei Vollaluminium-Vierzylinder zur Wahl

Gelohnt hat sich der Aufwand allemal: Der offene Evoque gleitet elegant über Schienen und Gullideckel hinweg, fängt selbst auf Kopfsteinpflaster nicht an zu zittern und meistert auch schweres Gelände so bravourös, wie der Rest der Familie. Das wird zwar kaum ein Käufer ausprobieren, doch wäre der Evoque kein Land Rover, sondern nur irgendein SUV, würde er den hauseigenen Hardcoretestparcours bei Eastnor Castle nicht meistern. Mit der ­Terrain-Response-Steuerung, die alle Systeme dem jeweiligen Untergrund anpasst, dem Wade-Sensing-System für Wasserdurchfahrten und einem Kriech- und Bergabfahrassistenten bekommt jeder Fahrer zumindest das Handwerkszeug gereicht, um den ­planen Asphalt verlassen zu können. Dass es auch den offenen Evoque nur mit Allradantrieb gibt, versteht sich von selbst; zum Spritsparen treiben den Range Rover unter Normalbedingungen aber nur die Vorderräder an.

Den Antrieb übernehmen die bekannten Triebwerke, drei Vollaluminiumvierzylinder stehen zur Wahl. Wenngleich Cabrio und Diesel eine nach wie vor eher unübliche Kombination sind, geht Land Rover davon aus, dass sich rund 95 Prozent für einen der beiden Zweiliterselbstzünder entscheiden. In der Basis leistet das laufruhige Aggregat 150 PS. Die Starkversion kommt auf 180 PS, doch die gut 3000 Euro, die dafür fällig werden, könnte man sich sparen, schließlich legt sich schon der Einstiegsmotor mit 380 Newtonmetern mächtig ins Zeug.

Doch fast alle Kunden greifen zum stärkeren Motor; Geld spielt bei der Land-Rover-Klientel nicht die Hauptrolle. Lieber erfreut sich die Kundschaft an den 420 Newtonmetern Drehmoment, die bei 1750 Umdrehungen schwungvoll zuschlagen und dem SUV einen spürbaren Tritt in den schicken Hintern verpassen. Ein leichtes Schwächeln bei niedrigeren Touren kaschiert die stets serienmäßige Neungangautomatik gekonnt, nur beim Rausbeschleunigen aus der Kurve braucht das ZF-Getriebe manchmal einen kleinen Denkanstoß, um den Diesel bei Laune zu halten – den liefert im Zweifelsfall aber der Sportmodus. Für welchen der beiden Selbstzünder man sich auch entscheidet, im Mittel werden 5,7 Liter Diesel auf 100 Kilometer verbrannt; auf den kurvigen Bergstrecken rund um das französische ­Ski-Eldorado Courchevel steht aber schnell auch ein zweistelliger Wert im Bordcomputer. Will man partout einen Otto unter der Haube, muss man einen Normverbrauch von 8,6 Litern ein­kalkulieren, erhältlich ist der ebenfalls zwei Liter große 240-PS-Benziner ab 55.100 Euro.

Wer auf der ohnehin reichlich ­engen Rückbank keine Passagiere mitnimmt, kann ein Windschott installieren, das den Zug um die Ohren deutlich reduziert; mit geschlossenen Scheiben lässt sich auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt problemlos offen ­fahren; Sitz- und Lenkradheizung ­tragen das Ihre zum Wohlbefinden bei. Die übrigen Sonderausstattungen gleichen denen der geschlossenen Brüder, vom Head-up-Display über Abstandstempomat und Spurhalteassistent bis zu den Massagesitzen und einer ­abnehmbaren Anhängerkupplung (1,5 Tonnen dürfen an den Haken) ist einiges im Angebot. Sogar serienmäßig ist ein neues Infotainmentsystem mit 10,2 Zoll großem Touchscreen an Bord, das sich in bewährter Tablet-Manier problemlos bedienen lässt. Einziges Manko: Scheint die Sonne drauf, ist der Bildschirm kaum mehr abzulesen – und das kommt bei einem offenen Auto leider häufig vor.