Rekordbilanzen und rosige Prognosen – mit einer großen PS-Party auf der Los Angeles Auto Show geht die Branche in die Winterpause.

War da was? Die Autobranche ist in Feierlaune und lässt sich die Stimmung auch vom VW-Skandal nicht vermiesen: Mit Rekordbilanzen im Rücken und rosigen Prognosen vor Augen dreht sie zum Jahresende noch einmal richtig auf und feiert zur Autoshow in Los Angeles ein furioses Fi­nale. Mehr als ein Dutzend Weltpremieren von Rang und Namen und oft sogar von globaler Bedeutung adeln die einstige Regionalmesse zur A-Show und machen den Besuch auch für Europäer lohnenswert – und zwar nicht nur wegen des guten Wetters.

Am meisten blasen sich die Hersteller aus Stuttgart auf. Porsche und Mercedes bezeichnen Amerika im Allgemeinen und Kalifornien im Besonderen gerne als ihre „zweite Heimat“ und locken die Stammkunden an der Westküste deshalb mit ein paar besonderen Premieren. So fährt Porsche im Eldo­rado der Elfer den Carrera 4 mit Turbomotor ins Rampenlicht und lockt alle Wochenend-Racer mit dem rassigen Rundstreckenrenner Cayman GT4 Clubsport. Mercedes feiert in der Traumfabrik das Update für einen Traumwagen: Im Windschatten des frisch gelifteten GLS fährt im Convention Center der überarbeitete SL auf die Bühne. Der legendäre Roadster, den man in Hollywood schon seit den Zeiten Clark Gables kennt, bekommt ein neues Gesicht, einen auf 367 PS ­erstarkten Basismotor, ein paar erweiterte Assistenzsysteme und ein Verdeck, das jetzt endlich auch während der Fahrt klappt. Das muss reichen, um ihn über die Runden zu retten, ohne dass er zwischen dem S-Klasse-Cabrio und einem kommenden GT-Roadster vollends aufgerieben wird.

In der Vergangenheit liegen auch die Wurzeln des Beetle Dune

Genau wie Mercedes bei der SL-Premiere richtet auch VW den Blick in die Vergangenheit. Zum einen, weil die Gegenwart gerade nicht ganz so rosig und das Facelift für den US-Passat jetzt auch kein Bringer ist. Und zum anderen, weil dort die Wurzeln für den Beetle Dune liegen, mit denen die Niedersachsen an das „Endless Summer Feeling“ der 60er und 70er erinnern und ihren Käfernachbau noch einmal in die Schlagzeilen bringen wollen. Farbenfroh lackiert, einen Zentimeter aufgebockt und in einen rustikalen Freizeitdress gesteckt, soll er als Coupé und Cabrio mit 110 bis 200 PS an legendäre Beach-Buggys erinnern und ab Frühjahr auch in Minden oder Bielefeld einen Hauch von Malibu-Flair und Santa-Barbara-Atmosphäre zaubern.

Der Beetle Dune erinnert an
Sommergefühle der 70er-Jahre
Der Beetle Dune erinnert an Sommergefühle der 70er-Jahre © Geiger | Geiger/PR

Während der Beetle Dune nur aussieht wie ein Strandläufer, macht Land Rover ernst mit der Open-Air-Partie abseits des Asphalts und bringt den Evoque als Cabrio. Der Wagen sieht zwar chic aus und der Aufpreis von 4000 Euro ist moderat. Doch jetzt streitet sich die Branche, ob das erste moderne, globale SUV-Cabrio genauso ein Flop wird wie der nur in Amerika verkaufte Nissan Murano oder ob Land Rover damit den nächsten Trend setzt.

Angesichts der vielen Traum- und Spaßwagen aus Europa geraten US-Premieren wie das Camaro Cabriolet oder der bereits vor einer Woche in Dubai gezeigte Cadillac XT5 ein bisschen ins Hintertreffen. Und auch der aufgefrischte Ford Escape wird zum Nebendarsteller, dem man trotzdem ein wenig Beachtung schenken sollte. Schließlich wird es die neue Front und den 250 PS starken Benziner wohl bald auch für seinen europäischen Zwilling Kuga geben.

Während die Amerikaner ihr Pulver für die große Show im Januar in De-troit aufsparen, schießen auch die Asiaten in Los Angeles noch einmal aus vollen Rohren. Infiniti zum Beispiel stellt dem A-Klasse-Klon Q30 jetzt den GLA-Zwilling QX30 zur Seite. Mazda beweist mit dem CX-9, dass die Designsprache Kodo auch in Groß funktioniert, und zeigt ein Fünf-Meter-Flaggschiff, das auch bei uns gut gegen Kia Sorento oder VW Touareg antreten könnte.

Porsche lockt in L.A. alle Stammkunden
mit dem Cayman GT4 Clubsport
Porsche lockt in L.A. alle Stammkunden mit dem Cayman GT4 Clubsport © Geiger

Honda beginnt mit dem Civic Coupé den Generationswechsel in der Kompaktklasse, der im nächsten Jahr auch in Europa über die Bühne gehen wird. Und der Toyota Prius ist zwar keine echte Neuheit mehr, steht in Los Angeles aber zum ersten Mal auf einer US-Bühne und feiert in Kalifornien ohnehin so etwas wie ein Heimspiel.

Die vielleicht wichtigste Japan-Neuheit kommt aber aus Italien. Denn Fiat übernimmt von Mazda den MX-5 und feiert damit nach fast genau 50 Jahren das Comeback des 124 Spider. Technisch ein Zwilling des erfolgreichsten Roadsters der Welt und optisch nur durch einen neuen Grill und eine stärker profilierte Haube differenziert, will er uns mit einem 140-PS-Vierzylinder zu Preisen knapp unter 25.000 Euro ab Sommer auch in Europa wieder das „Dolce Vita“ schmackhaft machen.

Der Ford Escape mit neuer Front
ist eher ein Nebendarsteller
Der Ford Escape mit neuer Front ist eher ein Nebendarsteller © Geiger

Das Wetter sonnig, das Premierenprogramm prall gefüllt und die Aussichten rosig – für schlechte Stimmung ist auf der Show kein Platz. Und selbst bei der Krisen-Company VW gibt es noch einen Grund zum Lachen: Denn allen Unkenrufen zum Trotz läuft das US-Geschäft bei den Niedersachsen – freilich gestützt durch großzü­gigen Rabatte und beflügelt von den aktuellen Modellwechseln – im Augenblick so gut, dass den Händlern angeblich bald die Neuwagen ausgehen.