Morgen beginnt in Frankfurt die Messe IAA unter dem Motto „Mobilität verbindet“ – Hersteller setzen verstärkt auf Vernetzung, Internet und E-WagenHersteller setzen auf Vernetzung und Internet. 210 Weltneuheiten auf der Internationalen Automobilausstellung IAA erwartetMorgen beginnt in Frankfurt die Messe IAA unter dem Motto „Mobilität verbindet“ – Hersteller setzen verstärkt auf Vernetzung, Internet und E-WagenHersteller setzen auf Vernetzung und Internet. 210 Weltneuheiten auf der Internationalen Automobilausstellung IAA erwartet

Die Autobranche stellt sich neu auf. Wenn die Internationale Automobilausstellung (IAA) morgen in Frankfurt ihre Pforten öffnet, dann werden nicht mehr wie in der Vergangenheit PS-Zahlen im Mittelpunkt stehen. Auch die Frage, welcher Antrieb den Verbrennungsmotor ablösen wird, dominiert nicht mehr. Stattdessen dreht sich fast alles um den Begriff Digitalisierung.

„Das ist das Megathema“, sagt Stefan Bratzel, Autoexperte und Leiter des Car-Instituts in Bergisch Gladbach. Martin Winterkorn, Vorstandsvorsitzender des größten europäischen Autokonzerns, ist sogar überzeugt, dass die Automobilwelt „einen historischen Umbruch erlebtMan kann hier durchaus von einer digitalen Revolution beim Automobil sprechen: alternative Antriebe, automatisiertes Fahren, die vollstän­dige Vernetzung des Automobils, ‚Big Data‘, neue Werkstoffe und immer effizientere Produktionsverfahren“, sagt der Volkswagen-Chef. die Herausforderungen im Vorfeld der Messe gegenüber der Nachrichtenagentur dpa auf. Die Digitalisierung werde die Branche schon bald stark verändern. Auch der Volkswagen-Konzern sei bereits dabei, sich „ein Stück neu zu erfinden“.Ziel der Hersteller ist es, möglichst viele internetbasierte Anwendungen im Auto unterzubringen wie Musikprogramme vom Smartphone oder E-Mails, die über das Autodisplay gesteuert und abgerufen werden, aber auch Sicherheitssysteme, die das Auto bremsen, wenn der Fahrer eingeschlafen sein sollte.

Neue Batterie-Generation soll für größere Reichweiten sorgen

Die Autobauer tüfteln zudem daran, Funktionen des Autos per Handbewegung zu steuern. Damit wird die von Apple eingeführte Wischtechnik weiterentwickelt. In der VW-Studie Golf Touch zum Beispiel kann das Schiebedach durch eine Handbewegung am Autohimmel geöffnet oder geschlossen werden.

Die Königsdisziplin der Digitalisierung ist das autonome Fahren. Gemeint sind Autos, die sich selbst steuern. „Der neue 7er von BMW fährt alleine in die Garage“, sagt Bratzel. Vorreiter bei der Digitalisierung sind wie bei den meisten neuen Techniken die jeweiligen Premiummarken und -modelle der Autobauer. „In dieser Klasse gibt es inzwischen eine Vollversorgung bei der Vernetzung“, sagt Bratzel. Großserienmodelle würden nun schrittweise nachziehen.„Die Vernetzung des Autos wird sich in den nächsten zwei bis drei Jahren zum technischen Standard entwickeln“, lautet Bratzels Prognose. Führend bei der Digitalisierung seien die deutschen Hersteller, allen voran der Wolfsburger Volkswagen-Konzern. Der VW-Chef sieht die neue Konkurrenz wie Apple und Google entsprechend sogar ppositiv: „Ich freue mich auf den sportlichen Wettkampf um die beste Lösung.“ Er sei überzeugt, dass Volkswagen seine Führungsrolle behalte. „Unser Konzern ist mit seinen 11.000 Informatikern und Datenanalysten längst selbst zu einem der größten IT-Unternehmen des Landes geworden. Als Ingenieur sehe ich diesen technologischen Umbruch unserer Branche nicht als Bedrohung, sondern vor allem als große Chance für den Automobilstandort Deutschland.“

Der Autoexperte Bratzel ist nicht ganz so optimistisch und kritisiert, dass das Internet in Deutschland noch längst nicht flächendeckend verfügbar sei. Zudem fehlten den deutschen Herstellern starke Partner aus der IT-Branche. „Hier gibt es keine Unternehmen, die mit Apple oder Google vergleichbar sind.“ Deshalb bezeichnet er Deutschland als „digitales Entwicklungsland“. Diesen Makel dürfe sich Deutschland nicht leisten, sonst würde die Autobranche als Schlüsselindustrie geschwächt.

Mit Blick auf alternative Antriebe als Ersatz für den klassischen Verbrennungsmotor erwartet Bratzel in Frankfurt keine Überraschungen. „Die Hersteller arbeiten zwar weiter an diesem Thema, sie warten aber vor allem auf die nächste Batteriegeneration“, sagt er. Und die soll deutlich größere Reichweiten ermöglichen als die aktuell 150 bis 180 Kilometer. Wohin die Reise gehen könnte, zeigt Audi mit seiner Studie „e-tron quattro concept“. Das ist eine geduckte Geländelimousine (SUV), die allein von einem E-Motor angetrieben wird und eine Reichweite von 500 Kilometern verspricht. Von allen Antrieben, die derzeit als Alternative zum klassischen Verbrennungsmotor gehandelt werden, ist der reine Elektroantrieb nach Einschätzung Ferdinand Dudenhöffers, Leiter des Car-Instituts der Universität Duisburg-Essender, der aussichtsreiche. Er ist überzeugt, dass sowohl die Plug-in-Hybrid-Antriebe, die Verbrennungs- und Elektromotor kombinieren, als auch die Brennstoffzelle gescheitert sind. „Der Plug-in-Hybrid ist zu schwer und verfügt über eine zu geringe Reichweite, die Brennstoffzelle ist unbezahlbar, und es fehlt dafür die Infrastruktur“, sagt er. Neu in der Riege der E-Auto-Hersteller ist Porsche. Mit der Studie „Mission E“ zeigt die Premiummarke einen rein elektrischen, 600 PS starken Sportwagen mit vier Türen und vier Sitzen im 911-Styling., bekommt aber erstmals vier Türen. Sie sind gegenläufig angeschlagen, kommen ohne B-Säule aus und sollen den bequemen Zustieg zu vier Einzelsitzen ermöglichen.Seine Qualitätsprobleme habe der Autobauer in den vergangenen zwei Jahren behoben. „Opel wirkt sehr modern und innovativ, das wird die Popularität der Marke steigern.“

Dieses Auto begeistert auch Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Car-Instituts der Universität Duisburg-Essen. „Audi war müde geworden, die Studie ist überaus innovativ und kann Audi zu ganz neuem Schwung verhelfen, und die Elektromobilität vorantreiben“, sagt er. Zu verdanken sei dieser technische Quantensprung Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg, der zuvor in gleicher Position bei VW tätig war. „Hackenberg hat die Marke wiederbelebt“, betont Dudenhöffer.

„Heilige Kühe gibt es bei Porsche nicht. Es kommt vor allem darauf an, wie ein Porsche fährt. Und nicht, womit“, sagte der Chef der Forschung und Entwicklung im Porsche-Vorstand, Wolfgang Hatz, am Montagabend.

Porsche 918 Spyder beim Stadtpark-Revival

Video: Abendblatttv

Angetrieben wird der Mission E laut Porsche von zwei E-Motoren mit zusammen mehr als 440 kW/600 PS. Sie sollen den Sportwagen binnen 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigen - bei Tempo 200 wird elektronisch limitiert. Die Reichweite soll bei mehr als 500 Kilometern liegen. Aufgeladen wird mit einer neuartigen 800-Volt-Ladetechnik. Porsche spricht von rund 80 Prozent Akkuladung nach rund einer Viertelstunde Aufladen. Konkrete Angaben zu einem eventuellen Serienmodell und Preisen gibt es noch nicht.

Urheber dieser Entwicklung sei Opel-Chef Karl-Thomas Neumann, der Anfang 2013 von VW zu Opel kam, zuvor unter anderem Vorstandsvorsitzender des Zulieferers Continental war. Dudenhöffer: „Neumann hat Opel ein neues Denken beigebracht und ein neues Selbstbewusstsein gegeben.“

Damit sich der reine Elektroantrieb in Zukunft schneller durchsetzt, müsste die Politik entweder die Kraftstoffpreise kräftig besteuern und damit verteuern oder strengere Schadstoffregeln festlegen. „Dann würden die Hersteller und Kunden unter Druck gesetzt“, sagte Dudenhöffer.Als einen Glanzpunkt der IAA sieht Dudenhöffer den Auftritt der in den vergangenen Jahren krisengebeutelten Marke Opel. Vor allem das Mittelklasse-Modell Astra habe das Potenzial zum Verkaufsschlager und könne ein echter Konkurrent des VW Golf werden. „Der Astra ist bei der Digitalisierung weiter als der Golf, hat die bessere Ausstattung und die innovativeren Motoren“, sagt Dudenhöffer. Was die Besucher der IAA in Frankfurt sonst noch erwartet? Die Variantenvielfalt der wegen ihres hohen Kraftstoffverbrauchs umstrittenenGeländelimousinen (SUV) nimmt weiter stark zu. Trotz aller Kritik werden diese Autos immer beliebter. Autoexperte Bratzel spricht gar von einer „Globalisierung“ dieses Trends. „Diese Entwicklung wollen viele Hersteller mitnehmen, deshalb gibt es eine Ausdifferenzierung dieses Segments.“Ein weiterer Trend: Autos, die Komfort und Gemütlichkeit ausstrahlen, sind nicht mehr angesagt. Bratzel: „Fast alle Hersteller setzen auf ein sportlich-dynamisches Design, das teilweise aggressiv anmutet.

Internationale Automobilausstellung Frankfurt,
17. bis 27. September, ab 19. September Publikumstage, geöffnet täglich von 10 bis 19 Uhr. 1103 Aussteller aus 39 Ländern zeigen 210 Weltneuheiten.