Mit viel Platz und günstigen Preisen soll der neue kleine Opel überzeugen. Das gelingt tatsächlich recht gut.

Der Opel Adam bekommt einen Bruder: Am 20. Juni bringen die Hessen für einen Kampfpreis von 9500 Euro ihr neues Einstiegsmodell Karl an den Start. Benannt nach dem ältesten Sohn des Firmengründers Adam Opel, aber entwickelt in Kooperation mit Chevrolet und gebaut in Korea, soll er all jene Kunden ansprechen, denen der Preis wichtiger ist als der Charme und für die das Platzangebot mehr zählt als die Palette der Farben.

Deshalb ist der 3,68 Meter lange Karl vielleicht nicht ganz so bunt und flippig wie der Adam, gibt sich dafür aber praktisch. So hat im Gegensatz zu seinem coolen Bruder vier Türen plus Heckklappe. Vorn ist die Kopffreiheit deutlich größer, und hinten kann man tatsächlich sitzen – auch wenn man dann in der ersten Reihe ein bisschen Rücksicht nehmen muss. Selbst der Kofferraum macht seinem Namen alle Ehre und schluckt zur Not zumindest zwei Bord-Trolleys.

Aber man muss den Karl weniger mit dem Adam und erst recht nicht mit dem Corsa vergleichen, sondern vor allem mit Autos wie VW Up, Ford Ka oder Renault Twingo. Stilistisch gehört er unter den Stadtzwergen eherzu den konservativeren, man könnte auch sagen, langweiligeren Autos. Denn eine lächelnde Spange im Kühler und eine Sicke in der Seite machen aus einem Kleinwagen noch keinen Herzensbrecher. Doch sein Platzangebot ist überdurchschnittlich, der Preis ist mehr als konkurrenzfähig. Details wie ein schließbares Handschuhfach machen durchaus einen Unterschied. Denn wo in anderen Autos der Kleinkram offen liegt, kann man ihn hier blickdicht wegpacken. Und während man die Fenster im Fond bei Up & Co nur ausstellen kann, lassen sie sich beim Karl – auf Wunsch sogar elektrisch – versenken. Von Extras wie dem beheizten Lenkrad, der Spurführungshilfe, der Option auf Apple Carplay und demnächst OnStar ganz zu schweigen.

Der Grundpreis von 9500 Euro ist attraktiv, aber nicht das letzte Wort

Allerdings gibt es all das nicht zum Nulltarif. Denn auch wenn die 9500 Euro ein Kampfpreis sind, der Karl 2500 Euro billiger ist als der Adam und Konkurrenten wie der VW Up oder der Hyundai i10 mehr kosten, kommt man so günstig natürlich kaum davon. Außer Pflegediensten und Pizzaflitzern wird niemand mit einem derart nackten Auto Vorlieb nehmen. Und wenn man all die Errungenschaften mitbestellt, auf die Opel zurecht stolz ist bei einem Kleinwagen, dann macht man für 850 Euro ein Kreuz beim Cool & Sound-Paket mit Klima und Radio, bestellt für 500 Euro Sitz- und Lenkradheizung, für 250 Euro die Parkpiepser und für 850 Euro das Schiebedach. So sind es dann schnell 12.000 Euro.

Wenigstens beim Antrieb sind keine Entscheidungen gefordert. Bei den Motoren herrscht zumindest am Anfang Monokultur. Es gibt lediglich einen Dreizylinder von einem Liter Hubraum, der auf 75 PS kommt und mit 96 Nm zur Sache geht. Das reicht nicht zum Rasen, und mit dem hakeligen Fünfgang-Getriebe muss man auch erst einmal einen geruhsamen Start hinbekommen. Doch wenn der Karl mal läuft, dann läuft er. Von 0 auf 100 in 15,5 Sekunden sind zwar eine arge Geduldsprobe, aber mit 170 km/h fühlt man sich auch auf der Autobahn nicht untermotorisiert. An das typische Brummen des Dreizylinders kann man sich gewöhnen, die Vibrationen spürt man irgendwann gar nicht mehr. Und wenn man nur lang genug mit der Bestellung wartet, haben die Hessen vielleicht auch noch die Start-Stopp-Automatik fertig, die dem Karl bislang fehlt. Dann sollen Verbrauchswerte unter vier Litern statt bestenfalls 4,3 Liter drin sein.

Zwar spricht Opel vom smarten Einstiegsmodell und legt Wert auf die attraktive Positionierung. Doch merkt man dem Kleinwagen den Kampf um den günstigen Preis auch an. Dass er es nicht so bunt treibt wie der Adam ist ja ok, zehn Farbtöne sich schließlich besser als nichts. Und das unterschiedlich abgesetzte Grau im Innenraum haben uns die Asiaten jahrzehntelang schmackhaft gemacht. Doch auch bei einem 10.000-Euro-Auto muss das Cockpit nicht mehr allein aus glänzendem Hartplastik bestehen, eine Längsverstellung fürs Lenkrad ist kein Hexenwerk und unverkleidete Gurtpeitschen kann man sich einfach nicht schönschauen. Da hilft es auch nicht, wenn die Drehknöpfe für die Klimaregelung echte Kleinode sind und zwischen einigen Schaltern tatsächlich ein paar Chromeinleger funkeln. Doch die Kunden scheint das offenbar nicht zu stören. Noch bevor der Wagen zu den Händlern kommt, hat Opel bereits 25.000 Bestellungen in den Büchern und fühlt sich in seiner Kleinwagen-Strategie damit vollauf bestätigt.

Allerdings ist diese große Flut an kleinen Autos mit dem Karl erst einmal durch. Aber die Modelloffensive bei Opel geht damit nur n die nächste Runde, und mit ihr die Neugier auf neue Namen. Der nächste neue Opel ist der Astra, und dessen Name

wird sich ganz sicher nicht ändern. Doch haben die Hessen sehr wohl auch ein paar neue Segmente im Auge, in denen sie sich mit phonetischen Altlasten nicht abgeben müssen.

Stattdessen können sie einfach in Adams Stammbaum schauen. Denn der Firmenchef hatte neben Karl noch vier weitere Söhne. Und Wilhelm, Fritz, Ludwig, Heinrich sind auch keine schlechten Namen.