Entwickler tüfteln an neuen, intelligenteren Kissen, die mit anderen Sicherheitssystemen im Auto kommunizieren können. Wie das funktionieren kann, verrät der ADAC-Sicherheitsexperte

Hinten, vorne, an der Seite, an den Kopfstützen, im Autodach, in den Rücksitzen: Der Airbag ist am besten überall und, solange nichts passiert, am allerbesten zeitlebens im Auto unsichtbar. Ständig wird an seiner Weiterentwicklung gefeilt, aber den Unfallforschern ist er immer noch zu unbedarft. „Airbags müssen intelligenter werden“, sagt ADAC-Experte Thomas Unger.

Denn zu oft noch hat der Lebensretter zu wenig Ahnung, wen er im Falle eines Crashs vor sich hat: eine leichte Frau? Einen großen Mann? Einen Fahrer mit starkem Übergewicht? „Adaptive Airbags sind da eine gute Spielwiese“, sagt der Leiter der ADAC-Sicherheitsabteilung Volker Sandner. Die rettenden Kissen könnten sich anpassen – mit der Geschwindigkeit, mit der der Airbag sich aufbläst, und mit der Füllmenge, die den Airbag entsprechend weicher oder härter macht.

Auf dem Karlsruher Symposium „Airbag 2014“ machen sich seit Anfang der Woche 700 Experten, Autohersteller und Zulieferer Gedanken über noch mehr Sicherheit. Hilfestellung bekommt der Airbag nach ihren Worten bereits. Mithilfe von Matten in den Sitzen kann etwa erfasst werden, wie schwer Fahrer oder Beifahrer sind. Das Gurtschloss signalisiert, ob jemand während eines Crashs angeschnallt ist oder nicht. Die Sitzeinstellung und die Körpermasse, die der Gurt umhüllt, geben weitere Hinweise. darauf, wie groß oder schwer der Autoinsasse ist, sagt Michael Fehring vom Autohersteller Daimler. Wenn Sensoren und Radarsysteme registrieren, dass ein Unfall unvermeidlich ist, kann der Airbag vor seiner Auslösung früher vorgewarnt werden: Statt 35 bis 45 Millisekunden hätte er dann 50 Millisekunden Zeit, um sich an die Gefahrensituation anzupassen. Je besser sich das rettende Kissen mit intelligenten Sicherheitssystemen im Auto vernetzt, desto flexibler kann es agieren, sagen die Experten.

Der Siegeszug der Airbags begann Anfang der 80er-Jahre – rund 100 Millionen Fahrzeuge sind allein in Deutschland seitdem mit Airbags ausgestattet worden. Inzwischen gibt es hierzulande eine 100-prozentige Abdeckung beim Fahrer und Beifahrerairbag. Sicherheitsstiefkind ist allerdings oft noch die zweite Sitzreihe, die nicht immer über Seiten- oder Frontal-Airbags verfügt.

Spielraum für Verbesserungen gibt es also nach wie vor genügend, aber: Unfallvermeidung ist längst vielversprechender als Minderung von Unfallfolgen. Rund 90 Prozent der Unfälle werden durch menschliches Versagen ausgelöst, sagt ein Sprecher der Automobilindustrie. Mit konventioneller Technik sei inzwischen nicht mehr viel zu holen, um die Zahl von Unfalltoten zu senken.

Zwar sank dank bahnbrechender Erfindungen wie Gurt und Airbag sowie den revolutionären Neuerungen bei den Bremssystemen die Zahl der Unfalltoten im Straßenverkehr seit 1970 von 21.300 auf rund 3300. Weitere technische Verbesserungen am Auto dürften sich in der Statistik aber eher marginal auswirken.

„Seien wir ehrlich: Mit einem einzelnen System werden wir Unfallfolgen nie wieder so drastisch reduzieren können, wie in den letzten 30 Jahren“, meint ADAC-Experte Sandner. Ganz anders sieht es international aus: Laut Uno starben 2013 weltweit rund 1,3 Millionen Menschen im Straßenverkehr. Noch ist es die neunthäufigste Todesursache weltweit – sie könnte nach den Worten von Dirk Schultz vom weltweit führenden Sicherheitszulieferer TRW aber in die Top Five aufsteigen, „wenn wir in den betroffenen Ländern nicht aktiv gegensteuern“.