Ford hat dem F-150 einen kleineren Motor und weniger Gewicht verordnet – ansonsten bleibt sich das in den USA meistverkaufte Modell aber treu

Abends halb neun in Ozona, einem Kaff in Texas: Alles ist dunkel, nur im Saloon tobt das Leben. Der Parkplatz vor der Bretterbude platzt aus allen Nähten. Riesige Pick-ups wohin man blickt, selbst ein Mercedes GL, der sich nach Ozona verirrt hat, wirkt seltsam klein zwischen all den Pritschenlastern.

Die Szene ist zwar nur eine Momentaufnahme. Aber Ozona ist überall. Vor allem in den ländlichen Regionen der USA sind fast ausschließlich große Autos mit großer Ladefläche unterwegs. Schon möglich, dass sich mittlerweile auch Amerikaner Gedanken über die Spritverbräuche der großvolumigen Motoren machen, die ihre Trucks antreiben. Aber Abende wie diese in Ozona zeigen, dass ihre Liebe zum Pick-up ungebrochen ist.

Die Popularität der Autoungetüme zeigt sich auch in der Zulassungsstatistik. Pritschenwagen kamen allein im ersten Halbjahr 2014 auf über eine Million Zulassungen, ein Marktanteil von 13,3 Prozent. „Diese Fahrzeuggattung ist fest in unserer Volkseele verankert“, sagt Sue Mead, eine in den USA bekannte Motorjournalistin. Die Landbevölkerung wie hier in Ozona sieht im Pick-up den legitimen Erben des Pritschenwagens, auf dem die Vorfahren einst im Treck aus dem Osten kamen. Egal ob Farmer oder Holzfäller, Minenbesitzer oder Freizeitsportler: Wer etwas zu transportieren hat, und das hat hier jeder, fährt einen Pick-up. Strohballen und Jungbullen, Baumstämme und Kettensägen, Minibagger und Motorräder fahren hinten auf der Pritsche mit.

Streng genommen reichen die Wurzeln der Trucks noch weiter zurück, sagt Alana Stranger, die bei Ford das Innovationsmanagement für den F-150 leitet, den beliebtesten Pick-up der von den meisten Kunden favorisierten F-Serie des Herstellers aus Dearborn. Sie hat tief in der Geschichte gegraben: „Eine rechteckige Kiste mit Rädern dran – das steht seit Tausenden Jahren für die perfekte Transportlösung“, sagt die Ingenieurin: „Nicht umsonst ist bis heute alles in rechteckigen Schachteln verpackt – egal ob Schuhe, Kühlschrank oder Wohnzimmereinrichtung.“

Seit den 90er-Jahren erobert der Pick-up auch die Städte, beobachtet Journalistin Mead: „Mütter fahren damit ihre Kinder in die Schule, weil sie sich sicherer fühlen, man hat einen besseren Überblick und mehr Platz als in jedem anderen Auto.“ Mead weiß, dass diese Argumente von der Industrie auch herangezogen werden, um Kunden die SUV schmackhaft zu machen. „Aber gegenüber einem Pick-up sind sie hoffnungslos unpraktisch.“

Pete Reyes ist Chief Engineer des neuen Ford Pick-ups und damit vielleicht der wichtigste Mann in der amerikanischen Autoindustrie. Denn der F-150 ist mit teilweise über 700.000 Zulassungen jährlich seit 32 Jahren das meistverkaufte Auto in den USA, damit ist er gewissermaßen der VW Golf der Amerikaner. Wenn der Chef-Ingenieur über die 13. Auflage des Idols spricht, fallen in jedem zweiten Satz die Worte „Revolution“ oder „Game Changer“. Der F-150 hat tatsächlich moderne Features wie LED-Scheinwerfer und viele Assistenzsysteme vom Abstandstempomaten bis zur 360-Grad-Kamera. Doch er ist und bleibt ein massiges Auto von 6,50 Meter Länge.

Auch der Trend zur Gewichtsreduktion ist in dem Trumm angekommen. Der Leiterrahmen besteht zwar weiterhin aus Stahl, aber erstmals bei einem Pick-up wird die Karosserie aus Alublechen genietet – wie beim Audi A8, beim Jaguar XJ und beim Range Rover wird der gesamte Aufbau aus dem Leichtmetall gefertigt. „Das spart bis zu 350 Kilogramm“, sagt Reyes.

Doch Ökogedanken waren für den Entwickler nicht die Triebfeder zu mehr Leichtbau. Ihm ging es vor allem ums Laden. „Alles, was wir an Gewicht herausnehmen, kann der Kunde später draufpacken. Aber natürlich sinkt mit dem Gewicht auch der Verbrauch.“ Bis zu 20 Prozent mehr Miles per Gallon – die Einheit, in der Amerikaner den Verbrauch taxieren – gibt Reyes an. Möglich wird die gesteigerte Effizienz durch einen Antrieb, der ähnlich revolutionär ist wie der Aufbau des F-150. Nur noch 2,7 Liter weist das neue Aggregat an Hubraum auf, seine Kraft schöpft es aus nur sechs Zylindern, und an der Ampel stirbt es dank Start-Stopp zeitweise ab. „Mehr Motor braucht man nicht“, wunderte sich US-Tester Jeff Ross bei seiner Jungfernfahrt – dabei hatte er eben noch ein Hohelied auf den V8 gesungen, den Ford mit fünf Litern Hubraum und 385 PS im Programm lässt.

Vertraut ist auch das Fahrgefühl im neuen F-150: Es gibt viel Platz, man lässt sich von der Gelassenheit anstecken, die von dem Pick-up ausgeht. Doch die 325 PS und 510 Newtonmeter an maximal möglichem Drehmoment des V6-Triebwerks könnten auch anders, schließlich sind dem Motor zwei Turbolader angeflanscht. So gesehen dürfte man sich mit dem neuen Sechszylinder abends vor dem Saloon in einem Kaff in Texas sehen lassen können.

Den Ford F-150 findet man in Deutschland nicht beim Ford-Händler, sondern bei Importeuren wie Amexpo. Dort kostet ein Platinum SuperCrew 157 mit Topausstattung stolze 71.990 Euro, die Lieferzeit beträgt circa vier Monate. Zugelassen wird der F-150 aus steuerlichen Gründen als Lkw.

Die Reise zur Präsentation des F-150 erfolgte mit Unterstützung von Ford.