Jetzt strebt VW mit seinem Bestseller selbstbewusst in die Businessklasse – als eine Art Phaeton für Normalverdiener zu Preisen ab 25.375 Euro

Erfolgreich war der Mittelklasse-VW schon immer, in seiner achten Generation soll der Passat aber nun als Premiumauto wahrgenommen werden. Das Zeug dazu hat er, doch der neue Anspruch birgt auch Gefahren.

„Wie macht man ein fast perfektes Auto noch besser?“ Diese Frage des VW-Chefs Martin Winterkorn bei der Weltpremiere des neuen Passat am Donnerstag darf man nicht nur als Propaganda, sondern ruhig als Leitmotiv für die Entwicklung des Mittelklassemodells betrachten.

Für die Neuauflage des Passat (nach Jetta und vor Golf der weltweit zweitbestverkaufte VW), die im Potsdamer Designstudio der Marke enthüllt wurde, ist ein bislang nicht gekannter Aufwand betrieben worden. Die Designer haben auf der neuen Plattform, modularer Querbaukasten genannt, ein Thema klar herausgearbeitet: den Status.

„Ein Auto mit Premiumanspruch, aber ohne Premiumkosten“, sagt Winterkorn. Der Passat, der im November auf den Markt kommt, rückt seine Achsen ein gutes Stück weiter auseinander (plus acht Zentimeter), behält aber die Länge bei (4,77 Meter). Die Breite der Karosserie nahm zu, die Höhe ging leicht zurück. So steht der VW Passat satter, selbstbewusster auf der Straße – Interessenten für den Phaeton kommen eventuell ins Grübeln, ob sie das richtige Auto ins Auge gefasst haben.

„VW ist ja immer sehr funktional unterwegs“, sagt Designchef Klaus Bischoff, aber mit dem neuen Passat bewege man sich etwas „weg von der Bauhaus-Ästhetik“. Zwar ist das Auto noch geradlinig und schnörkellos gezeichnet, doch es wirke, so Bischoff, etwas skulpturaler. Der Designchef: „Wir wollen den Kunden ja auch ans Herz greifen.“ Tatsächlich bringen die neuen Proportionen sowie das breitere Gesicht den VW optisch dichter heran an die Premiummodelle der Mittelklasse: Audi A4, BMW 3er, Mercedes C-Klasse. Ihnen konnte der Passat zwar schon immer Paroli bieten. In Deutschland lag der VW 2013 mit 72.048 Neuzulassungen an der Spitze seiner Klasse, und weltweit bestätigte er im Verbund mit dem US-Modell und der chinesischen Variante Magotan diese Position. 1,1 Millionen Käufer – für den Erfolg waren auch der günstige Preis verantwortlich und die in Europa starke Stellung des Variant. 95 Prozent der Passat-Dienstwagen in Deutschland sind Kombis. Nun sollen Design und Auftritt genauso punkten wie ein Fortschritt in Sachen Technik. Zum einen ist das Platzangebot des Passat weiter vergrößert worden, das gilt für die Kniefreiheit auf der Rückbank (plus drei Zentimeter) wie für die Kopffreiheit (plus zwei Zentimeter) und das Volumen des Kofferraums, das in der Limousine von 565 auf 586 Liter wuchs, im Kombi von 603 auf 650 Liter.

Zum anderen hebt VW das Niveau im Innenraum an. So ersetzt – gegen Aufpreis – ein volldigitales Display die Instrumente. Bei Bedarf kann der Fahrer Tacho und Drehzahlmesser an den Rand rücken, um der Navigationskarte mehr Raum zu verschaffen. Wer davon schon gehört hat: Audi hat es für den neuen TT angekündigt und wird es auch in weiteren Baureihen anbieten.

„Ein Vorteil unseres Baukastensystems“, sagt Entwicklungsvorstand Heinz-Jakob Neußer, der ungewöhnlich zufrieden wirkt. Vielleicht, weil der Passat das erste neue Auto ist, das in seiner Amtszeit auf den Markt kommt (die Entwicklungsarbeit begann unter Neußers Vorgänger Ulrich Hackenberg).

Neußer nutzt das Bild vom Regal, in dem viele Teile liegen, in dem aber auch noch Lücken existieren. Diese Lücken würden gefüllt von Innovationen einer jeden neuen Baureihe. „Daraus können sich wieder andere Modelle bedienen, die ihrerseits neue Teile dort ablegen.“

Später spricht der Vorstand wieder ganz entspannt von „Skaleneffekten“, also von günstigen Einkaufsbedingungen, wenn man Teile in noch viel größeren Stückzahlen einkauft. So ist es zu erklären, dass für den Passat ein beeindruckendes Arsenal an Assistenzsystemen bereitsteht: Man wird sie bald auch in weiteren Konzernmodellen finden.

Vorerst ist der Passat der erste VW mit Head-up-Display, und bei den – ebenfalls gegen Aufpreis – verfügbaren Sicherheitssystemen muss man sich nicht länger hinter Mercedes & Co. verstecken. Neben dem Einparkassistenten gibt es ein Hilfssystem fürs Ausparken, das darauf achtet, ob andere Autos im toten Winkel herannahen. Den Passat kann man mit Stauassistent bestellen, so erlebt man auch in diesem Auto schon das autonome Fahren im Kleinen: Bei Stop-and-go lenkt, bremst und beschleunigt der Wagen selbsttätig.

Als einziges Auto überhaupt kann der Passat selbstständig mit Anhänger rückwärts einparken, und die Notbremsfunktionen wurden so verfeinert, dass er nun auch auf Fußgänger reagieren kann. Fast vergisst man hinter so viel Hightech die klassischen Tugenden eines Autos: Der 150 PS starke Dieselmotor wurde so überarbeitet, dass er nach Norm nicht mehr 4,6, sondern nur noch 4,1 Liter auf 100 Kilometer verbraucht. Und später wird VW noch einen Top-TDI bringen, der ebenfalls zwei Liter Hubraum hat, daraus aber 240 Pferdestärken entwickelt.

„New. Business Class.“, heißt der Slogan zum Passat. Doch bei den Preisen bleibt VW bodenständig. Mit 25.875 Euro fürs 122 PS starke Basismodell ist der Passat zwar um 550 Euro teurer geworden als sein Vorgänger. Doch das gleicht die verbesserte Ausstattung wieder aus. VW sagt, unterm Strich sei der neue Passat sogar günstiger als der alte.

Start-Stopp-Automatik, Anlassen des Motors per Taste, LED-Rückleuchten, Reifendruckkontrolle, Multikollisionsbremse – das sind serienmäßige Ausstattungen, die das Basismodell seinem Vorgänger voraus hat. Und auch wenn die Materialien im Innenraum nicht das Niveau von Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse erreichen, rückt der Passat deutlich an die Premium-Konkurrenz heran: Design, Raumgefühl, Qualitätsanmutung und Technik lassen keinen anderen Schluss zu.