Der Sportsvan ersetzt das bisherige „Plus“-Modell und wirkt nicht so brav wie sein Vorgänger. Kunden werden vor allem die Sitzposition schätzen

Er war zwar schon immer der praktischere Golf. Doch bislang musste man sich bisweilen rechtfertigen, wenn man mit einem Golf Plus angefahren kam. Denn mit seinem hausbackenen Design und der hohen Sitzposition war der Golf mit Mehrwert zumeist auf die Generation Ü50 abonniert – und eher was für Hüftsteife als für Hipster. Seinem Erfolg hat das jedoch keinen Abbruch getan: Allein in Deutschland haben sich über 500.000 Kunden vom bequemen Zustieg, der variablen Rückbank und der Kombination aus viel Platz und kompaktem Format überzeugen lassen. Deshalb will VW die Lücke zwischen Fünftürer, Variant und Touran natürlich nicht preisgeben und bringt Ende Mai als vorerst letzte Karosserievariante des Golf VII den neuen Sportsvan an den Start. Der mindestens 19.625 Euro teure Hochdach-Golf bietet zwar die gleichen Tugenden, hat aber ein deutlich schnittigeres Design und wird so zum Praktiker mit Pfiff für all jene, denen der Touran zu hoch und kastig und der Variant zu lang ist.

Dass der Sportsvan 13 Zentimeter höher aufragt als der normale Golf und man in der ersten Reihe gute acht Zentimeter höher sitzt, merkt man erst beim Einsteigen: Wo man sich sonst tief in den Sitz fallen lässt, rutscht man jetzt bequemer auf die Polster – und kommt leichter wieder heraus. Klar freut das vor allem Kunden mit vom Alter gebeugtem Rücken. Doch auch junge Mütter, Vielfahrer und Familienväter werden das mögen – nicht umsonst gilt die hohe Sitzposition auch als einer der Gründe, weshalb alle Welt einen Geländewagen kauft.

Ja, die Übersicht mag ein bisschen besser sein. Doch das Fahrgefühl im Sportsvan ist wie in jedem Golf: Brav und berechenbar, und vom veränderten Schwerpunkt ist quasi nichts zu spüren. Allerdings wirft die erste Fahrt sehr wohl die Frage nach dem „Sports“ vor dem „Van“ auf. Denn außer, dass man natürlich auch für den Hochdach-Golf die Progressivlenkung aus dem GTI bekommt und sich auf Wunsch mit der DCC-Regelung von den variablen Stoßdämpfern in der Sport-Stellung durchschütteln lassen kann, hält sich die Sportlichkeit des Sportsvans in Grenzen – selbst mit dem jetzt 150 PS starken Top-Benziner. Nicht dass wir uns falsch verstehen: Der nun auf die Euro-6-Norm umgestellte und deshalb etwas erstarkte 1,4-Liter ist mit seinen maximal 250 Nm Drehmoment flott bei der Sache, hängt gut am Gas und bringt den Wagen ordentlich auf Touren. Außerdem ist er auf dem Prüfstand mit 5,4 und in der Praxis mit um die sieben Liter zufrieden. Doch mit einem Sprintwert von 8,8 Sekunden und einem Spitzentempo von 212 km/h für die DSG-Version bleibt das Modell ansonsten im heute normalen Rahmen.

Neben dem 1,4er gibt es drei weitere Benziner mit 85, 110 oder 125 PS und zwei TDI-Motoren, die auf 110 oder 150 PS kommen. Ganzer Stolz der Niedersachsen ist das BlueMotion-Modell, mit dem der Verbrauch auf 3,6 Liter sinkt. Wie immer bei VW kommt noch einiges nach: Allrad und Erdgas sind genauso gesetzt wie die „Cross“-Version.

Wichtiger als die Performance sind ohnehin die Proportionen: Gegenüber dem Golf Plus legt der Sportsvan in der Länge rund 13 Zentimeter zu und passt mit seinen 4,34 Metern perfekt zwischen Fünftürer und Kombi. Denn der eine ist acht Zentimeter kürzer und der andere 22 Zentimeter länger. Aber keiner hat so viel Radstand wie der Sportsvan: Er wächst gegenüber dem Plus um fünf Zentimeter auf 2,69 Meter. Zusammen mit der Handbreit mehr Blech über dem Kopf (13 cm gegenüber dem normalen Golf) schafft das auf der auch weiterhin um 18Zentimeter verschiebbaren Rückbank mehr Platz für den Nachwuchs und dahinter fürs Gepäck. Schon in der Standardkonfiguration wächst der Kofferraum um 74 auf 498 Liter. Schiebt man die zwei separaten Hälften der Rückbank nach vorn, passen 585 Liter (plus 66 Liter) hinein, wenn man sie flach legt, schluckt der Sportsvan bis zu 1512 Liter (plus 62 Liter). Dazu gibt es viele pfiffige Details vom Staufach für die Laderaumabdeckung im Souterrain über die Rastnasen, mit denen man den doppelten Ladeboden beim Einpacken aufstellen kann, bis hin zu der neu modellierten Mittelkonsole und dem riesigen Cupholder samt Spanngurt für Handy & Co. – alles Kleinigkeiten, die dem normalen Golf vorenthalten bleiben. Bei der Ausstattung ist das ein bisschen anders. Zwar geht der Sportsvan mit den EU6-Motoren genauso in Vorlage wie mit dem Ausparkassistenten, der beim Rückwärtsrangieren vor Querverkehr warnt und im Zweifel sogar in die Eisen steigt. Doch sind das Neuerungen, die in den nächsten Wochen in der gesamten Golf-Familie nachgerüstet werden.

Er sieht fast genauso gut aus wie der normale Golf, fährt sich ähnlich entspannt und bietet obendrein mehr Platz und mehr Variabilität – so wird der Sportsvan zum vielleicht besten Golf in der Familie. Allerdings muss man dafür auch ein bisschen tiefer in die Tasche greifen. Denn bei vergleichbarer Ausstattung liegt der Neuzugang 1500 Euro über dem Fünftürer und 600 Euro über dem Variant. Für VW jedoch zählt eine ganz andere Relation. Die Niedersachsen sehen im Sportsvan viel eher die schmucke Alternative zum Touran – und versprechen den Kunden in diesem Vergleich einen Preisvorteil von immerhin rund 3000 Euro.