Den Trend zum kompakten SUV hat Daimler irgendwie verschlafen – mit dem GLA kommt dafür jetzt ein besonders vielseitiges Modell auf den Markt.

Vorweg fahren geht irgendwie anders: Zwar baut kein anderer deutscher Nobelhersteller schon so lange Geländewagen wie Mercedes, doch den Trend zum kompakten SUV haben die Schwaben zunächst eher ignoriert. Ein bisschen zerknirscht spricht Projektleiter Jörg Prigl deshalb vom „Late Follower", was auch nur ein schöneres Wort für Nachzügler ist, wenn er jetzt den GLA auf den Weg bringt. Doch der Baureihenleiter lässt sich die Laune nicht verderben und seinen Optimismus erst recht nicht. Denn so spät der kleine Kraxler auch kommt, so gut stehen die Chancen, dass er in seiner Klasse ordentlich Staub aufwirbelt. Nicht umsonst hat Prigls Mannschaft auf Basis der A-Klasse einen Geländewagen auf die Räder gestellt, wie es ihn so bislang noch nirgends gibt: Vielleicht nicht so praktisch wie BMW X1 und Audi Q3, aber schnittiger gezeichnet, jugendlicher ausgelegt und zumindest in der AMG-Version deutlich sportlicher.

Obwohl der GLA genau wie die etwa 2000 Euro billigere und 15 Zentimeter kürzere A-Klasse oder mehr noch der CLA betont auf jung getrimmt ist, sind die Schwaben diesmal nicht vollends dem Jugendwahn verfallen: Zwar gibt es ein um 15 Millimeter tiefer gelegtes Sportfahrwerk, die strammen Integralsitze und natürlich auch eine Sporttaste für das Doppelkupplungsgetriebe. Aber die Zeiten des Zähneklapperns in der Kompaktklasse von Mercedes sind wohl vorbei: Man kann auch den GLA schneidig um die Kurven treiben und über den Asphalt rasieren. Doch man kann es auch etwas gelassener angehen und merkt dann, wie die Federung weicher über die Widernisse des Straßenbaus bügelt, die Lenkung etwas weniger Kraft erfordert und das Getriebe nicht ganz so gehetzt reagiert. Dazu noch die höhere Sitzposition, schon hat man ein Alltagsauto, das auch für die Generation Ü40 taugt.

Natürlich bietet Mercedes trotzdem reichlich Gelegenheit zur Pulsbeschleunigung – nicht zuletzt mit dem 360 PS starken GLA 45 AMG, der den BMW X1 mit seinen maximal 245 PS eindrucksvoll in die Schranken weist und auch den nagelneuen RS Q3 mit seinen 310 PS solide auf Distanz hält. Aber man muss nicht gut 55.000 Euro ausgeben, um im GLA seinen Spaß zu haben. Schon der 250er-Benziner für 37.500 Euro ist mit seinen 211 PS allemal potent genug, um das Blut in Wallung zu bringen. 350 Nm reichen völlig aus, wenn man einen Geländewagen von 1,5 Tonnen auf Trab halten mochte.

Neben dem GLA 250 gibt es zum Start noch einen GLA 200 mit 156 PS, der den vorläufigen Basispreis auf 29.300 Euro drückt und als einziger Motor nur mit Frontantrieb zu haben ist. Außerdem bietet Mercedes zunächst zwei Diesel an: Den GLA 200 CDI mit 136 PS und einem Verbrauch von 4,3 Litern für den Handschalter ohne Allrad sowie den 170 PS starken GLA 220 CDI, der im Familieneinsatz wohl das beste Zeug zum Kilometerfresser hat.

Zwar werden die meisten Kunden den GLA nur auf der Straße bewegen. „Doch er trägt das G im Namen nicht umsonst“, sagt Baureihen-Chef Prigl und bittet zur Testfahrt über Stock und Stein. Wer die rund 2200 Euro für den Allradantrieb ausgibt, bekommt neben der Kardanwelle nach hinten noch vier Zentimeter mehr Bodenfreiheit, einen Geländetempomat für Gefällstrecken sowie eine Programmierung für die Traktionskontrolle. Für die Expedition nach Afrika wird es nicht reichen, für kleine Abenteuer im Alltag aber um so mehr. Viel mehr als das, was der Benjamin auf der Buckelpiste schafft, ist für zivile Fahrzeuge ohnehin nicht erlaubt.

So erfolgreich Prigl bei Abstimmung und Auslegung des GLA um einen Kompromiss zwischen jung und alt gerungen und ein generationenübergreifendes Auto auf die Räder gestellt hat, so jugendlich ist das Design. Der GLA macht sich so flach, dass er die A-Klasse nur um ein paar fingerbreit überragt und zum Tiefstapler in seiner Klasse wird. Die Quittung bekommen all jene, die den Wagen nicht als Lifestyle-Auto, sondern als Laster für alle Lebenslagen nutzen wollen. Wo andere Geländewagen mit jedem Kombi konkurrieren können, ist das Gepäckabteil beim GLA allenfalls Durchschnitt. Dafür wird es nach vorne hin ungleich besser. Im Fond bietet der kleine Geländewagen für seine nur 4,42 Meter überraschend viel Platz, und wenn man erst einmal unter dem tiefen Dachholm durchgetaucht ist auch genügend Kopffreiheit. In der ersten Reihe sitzt man so bequem, dass sich der Aufstieg zum GLK fast schon erübrigt. Zumal der GLA mit seinen Assistenz- und Infotainmentsystemen bei der Ausstattung locker mit seinem großen Bruder mithalten kann – zumindest, bis der im kommenden Jahr in die nächste Generation geht.