Auf der Essen Motor Show werden die Akzente kaum noch von den Schraubern gesetzt – vor allem geht es um den Look. Das Auto darf wieder Aufsehen erregen.

Es ist ein altes Problem der Mode: Dezent und schlicht geht immer, fällt jedoch kaum auf. Hebt man sich aus der Masse, polarisiert man schnell. Mit dem klassischen Schwarzen macht frau zwar nichts falsch, aber mit Pailletten, extravaganten Schnitten oder grellen Farben kann sie sich absetzen. Genauso verhält es sich mit der Tuningbranche, wie ein Besuch der Essen Motor Show (noch bis 8. Dezember) zeigt.

Schon seit Jahren geht die Entwicklung zur edlen und diskreten Umgestaltung. Weg von auffälligen Anbauteilen, dröhnendem Motor und lauten Bass-Anlagen im Kofferraum hin zu hochwertiger Innenausstattung und technischen Spielereien. Die meisten Automobilhersteller haben darauf reagiert, beschäftigen eigene Veredler und schenken ihnen so viel Vertrauen, dass für gewöhnlich die Garantie eines Fahrzeugs komplett erhalten bleibt.

125.000 Besucher kamen schon am ersten Messewochenende

Das Image hat sich ein Stück weit gewandelt, die vermeintliche Nische ist in den vergangenen Jahren ziemlich groß geworden: Zwischen 700 und 900 Millionen Euro erwirtschaftete die unabhängige Tuning-Industrie auf dem deutschen Markt im vergangenen Jahr, so die Angaben des Verband der Automobiltuner e.V (VDAT). Allein 125.000 Besucher strömten am Auftakt-Wochenende auf die Motor Show im Ruhrgebiet, zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

„Car-Fashion ist wieder populär, die Kunden trauen sich was. Dabei stehen neben knalligen Farben in diesem Jahr besonders auffällige Leichtmetallräder im Vordergrund, “ sagt Harald Schmidtke, Geschäftsführer des VDAT. Der Wagen wird zunehmend zum Modeartikel. Veredelte und farbige Felgen sind die Umsatzträger, lässt sich doch so nach wie vor auch für normalverdienende Autofans am schnellsten ein Effekt erzielen. Hat man sich an der Farbe sattgesehen, sind die Felgen schnell wieder ausgetauscht. So stehen auf der Messe nicht nur luxuriöse Sportler wie Lamborghini und Ferrari in knalligem Schuhwerk, sondern auch Autos von BMW, Mini, Nissan, Opel und VW.

Aber in Sachen „Car-Fashion“ bleibt es nicht nur bei Felgen. Komplette Fahrzeuge in Neonfarben sind auf der Messe keine Seltenheit. Die Palette reicht vom giftgrünen Volvo über den auffällig blauen Skoda bis hin zum leuchtend roten Porsche. Selbst beim Smart-Veredler „Tailor-Made“ hat sich die Farbauswahl für die kleinen Stadtflitzer erhöht – innen und außen. Ein quietschgelber Zweisitzer mit farbiger Innenausstattung und leuchtenden Nähten ist keine Darstellungen des Machbaren, sondern nach Kundenwünschen gefertigt. Der Mut zur Farbe hat auch dazu geführt, dass die Palette des Folienunternehmens CFC deutlich erweitert wurde. „Dezente Farben sind schon längst nicht mehr so aktuell. Auffällig muss es sein, die Kunden wollen sich abheben: Matt, metallic oder Chrom, und das durch alle Fahrzeugklassen, vom froschgrünen Smart bis zum blauen Camouflage-Mattlack-Rolls-Royce“, erklärt Marius Kajder von CFC.

Das Auto darf also wieder Aufsehen erregen. Auch wenn mancher das bunte Farbspiel auf der Essen Motor Show wohl als Schau der Peinlichkeiten bezeichnen mag – diesen Mut sollte man nicht kleinreden. Denn wie eine Frau im bunten Abendkleid die Partygesellschaft belebt, so bereichert auch ein knalliger Golf das silbergraue Straßen-Allerlei.

Mehr Infos: www.essen-motorshow.de