Der NSU Spider wurde 1963 der Öffentlichkeit präsentiert und versprach eine Zeitenwende im Autobau – heute zählt er zu den vergessenen Helden.

Sie wurde als IAA der beschleunigten Jahre gefeiert, waren doch vor allem schnelle Sportwagen die Showstars auf der Internationalen Automobilausstellung 1963. Da passte es gut, dass NSU seinen neuartigen Wankelmotor im Kleid eines Spiders vorstellte, um im Frankfurter Rampenlicht eine weltweite mediale Aufmerksamkeit zu entfesseln. Rund um den Globus machte das erste Auto mit Kreiskolbenmotor Schlagzeilen, galt Felix Wankels Erfindung doch anfangs als Motor der Zukunft. Dabei war die Zahl der Skeptiker groß – und sie sollten recht behalten. Nach nur 2375 Einheiten und drei Jahren endete die Produktion des NSU Wankel Spider, und auch der folgenden futuristischen Limousine NSU Ro 80 gelang nicht der Durchbruch. Allein Mazda baute – bis 2012 – Rotary-Triebwerke in größerer Stückzahl.

Vom Grundsatz her kann der Kreiskolbenmotor gegenüber dem konventionellen Hubkolbenmotor Vorteile bieten: Bei gleicher Leistung lässt er sich wirtschaftlicher produzieren, ist einfacher im Bau, kompakter und wiegt etwa ein Drittel weniger. Kein Wunder, dass ab 1958 die meisten namhaften Motoren- und Autohersteller wie Curtiss-Wright, Daimler-Benz, GM, Mazda, Nissan, Porsche und Rolls-Royce zu den Lizenznehmern zählten.

Aus den Einnahmen wollte NSU die Wankel-Entwicklungskosten bezahlen, was nur ansatzweise gelang. Mazda gründete 1963 ein „Rotary Engine“-Entwicklungszentrum, das ein Jahr später in einem Prototyp den ersten weitgehend serienreifen Zweischeiben-Kreiskolbenmotor vorstellte – und damit NSU zuvorkam. Dafür blieb den Deutschen der Triumph des ersten Serienautos mit Einscheiben-Wankelmaschine. Allerdings sollte der Wankel Spider nur der notwendige Entwicklungsschritt sein auf dem Weg zum ersten echten Rotary-Großserienmodell, dem 1967 eingeführten NSU Ro 80.

Abrunden sollte die Modellpalette anschließend der K70, der allerdings bereits mit dem Markenzeichen der neuen Konzernmutter Volkswagen verkauft wurde. Die Rotary-Käufer sollten den noch Mitte der 50er-Jahre weltgrößten Motorradhersteller und anschließenden Kleinwagenbauer aus einem Rentabilitätstief holen, in das NSU durch eine zu kleine Modellpalette geraten war. Oberhalb des Prinz gab es nur den Typ 110 beziehungsweise 1200 C; und dieser konnte sich gegen Opel Kadett, Ford 12 M und den Käfer nie richtig durchsetzen. Der Wankel Spider basierte auf dem Sport Prinz, einem Bertone-Sportcoupé von 1959.

Im Folgejahr hatte Bertone bereits eine Spider-Studie auf dem Turiner Salon gezeigt, die aber nicht in Serie ging. Warum also nicht den 50-PS-Kreiskolbenmotor in einem schicken, offenen Zweisitzer zeigen? Vor allem würden sich für diese Karosserie nicht allzu viele Kunden entscheiden, schließlich waren sie zugleich Versuchsfahrer. Anders als Mazda gelang es NSU nämlich nicht, vor Serienanlauf die Schwächen des Motors restlos zu tilgen. Durch ein äußerst großzügiges Verhalten bei Mängeln gelang es den Neckarsulmern, die Spider-Käufer bei Laune zu halten. So kam es, dass die Kundenzufriedenheit von Spider-Fahrern höher war als die vieler Piloten konventioneller Roadster. Bei den Fahrleistungen konnte der NSU allen Konkurrenten davon fahren, in den Preisen mit 8500 Mark konkurrieren. Allein im Vergleich zum Sport Prinz schien er durch einen Aufpreis von knapp 3000 Mark zu teuer. Wie klein der Käuferkreis für dieses Roadstersegment und damit für den ersten Wankel-Sportler war, zeigte sich bereits, als das erste Serienauto mit mehrmonatiger Verspätung im September 1964 vom Band lief und unter den Mitarbeitern verlost wurde. Gewinner Willi Kapp überzeugte die NSU-Direktoren, dass statt des Wankel Spider ein Prinz 1000 für seine vierköpfige Familie geeigneter war – und erhielt den Fünfsitzer statt des Spider.

1965 und 1966 startete der Export nach Japan und in die USA. Auch die DDR hatte das Wankelfieber erfasst, der neue Wartburg 353 sollte 1967 mit Wankelkraft starten. Trotz öffentlicher Proteste gewährte NSU eine Lizenz, wäre der Wartburg doch andernfalls vermutlich einfach durch eine Kopie des Kreiskolbenmotors beflügelt worden. NSU war ohnehin bereits einen Schritt weiter: Auf der IAA 1965 zeigte das Unternehmen den Zweischeiben-Wankelmotor und ließ verlauten, die neuen Typen 110 und Prinz 1000 TT wären die letzten Neuheiten mit Hubkolbenmotoren. Künftig baue NSU nur noch Kreiskolbenmotoren. Kurz zuvor wurden alle Wankelfahrzeuge steuerlich günstiger eingestuft und nach Gewicht bewertet.

Und doch ging es 1966 abwärts. Nur noch 581 Einheiten wurden gebaut, daran änderten weder die drastische Preissenkung auf 6990 Mark etwas noch die nun zahlreichen Motorsporterfolge des NSU. Mitte 1967 entschloss sich NSU, die Werksunterstützung für die Spider im Motorsport einzustellen. Der Grund war offensichtlich: Die Produktion des Spider sollte auslaufen. Schließlich feierte auf der IAA mit der Limousine Ro 80 eine neue Wankel-Generation Weltpremiere. Ein Auto, das gefeiert wurde wie ein Weltwunder und in dessen Schatten der Spider in Vergessenheit geriet.