So fährt der neue Porsche 911 Turbo – stärker als je zuvor und dabei außerordentlich komfortabel und handzahm. In diesem Flitzer ist der Führerschein ständig in Gefahr.

Da kriegen passionierte Schnellfahrer Herzrasen, und bei Porsche-Fans beginnt der Gasfuß zu zucken: Exakt 50 Jahre nach der Premiere des 911 und vier Jahrzehnte nach dem Einstand des ersten Turbo bringt Porsche jetzt die siebte Auflage der potenten Modellvariante an den Start – und wirbelt damit die Hackordnung auf der Überholspur gehörig durcheinander. Denn auf der einen Seite ist der Schwabenstreich schneller und stärker als je zuvor und schafft deshalb zum Beispiel die Nordschleife in einer neuen Bestzeit. Doch auf der anderen Seite ist er so komfortabel und handzahm, dass die Entwickler ihm schon virtuelle Schaltstufen mit auf den Weg geben mussten, damit im Alltagsbetrieb der Reiz des Rasens nicht auf der Strecke bleibt.

Aber egal, ob man den neuen Turbo im Standardmodus oder im ambitionierten Sport-Plus-Betrieb bewegt – immer erlebt man eine explosionsartige Leistungsentfaltung und eine derart mühelose Beschleunigung, dass man auf der Hut sein muss. Denn wenn sich 160 km/h anfühlen wie gehobene Schrittgeschwindigkeit und man das Auto auch bei weit über 200 km/h noch mit dem kleinen Finger fahren kann, ist der Führerschein ständig in Gefahr.

Möglich machen das ein paar technische Leckerbissen, die den neuen Turbo zum King am Ring machen sollen. Zunächst ist das die Hinterachslenkung, die nach ihrem Nischendebüt in der zivilisierten Rennversion GT3 jetzt zum ersten Mal für ein breiteres Publikum angeboten wird. Weil die Hinterräder mit ihr um bis zu 2,8 Grad entgegen der Vorderräder eingeschlagen werden können, wirkt der Turbo unter Tempo 50, als hätte jemand den Radstand um 25 Zentimeter beschnitten, er fräst entsprechend eng um die Kehren. Fährt man schneller als 80 km/h, lenken die Hinterräder genauso wie die Vorderräder. Damit streckt sich der gefühlte Radstand sogar um 50 Zentimeter und das Auto liegt noch stabiler auf der Straße: Länge läuft – diese Weisheit gilt nicht nur für die Bootsbauer.

Ebenfalls eine neue Errungenschaft ist das, was Porsche das „aktive Aerodynamiksystem“ nennt. Neben dem wie immer beweglichen Heckspoiler mit drei Stufen besteht es aus einer bis dato einzigartigen Frontlippe, deren drei Segmente peu à peu mit Druckluft aufgeblasen werden.

Im Zusammenspiel minimiert das wahlweise den Luftwiderstand und ermöglicht so maximales Tempo. Oder es erhöht den Anpressdruck und mit ihm die Kurvengeschwindigkeiten. Das wirkt, verspricht Porsche und schreibt allein dieser Technik zwei gewonnene Sekunden auf der Nordschleife zu. Insgesamt sind es aber deutlich mehr: Denn statt zuletzt über 7:40 Minuten soll der neue Turbo die Runde durch die Eifel mit Serienreifen in 7:27 und mit Performance-Pneus sogar in 7:24 Sekunden schaffen.

Komfortabel auf der Autobahn, kompromisslos auf der Rennstrecke, immer stärker und schneller als man sich vorstellen kann und dabei noch überraschend sparsam und halbwegs vernünftig. Zwar ist der neue Porsche mit einem Grundpreis von 162.055 Euro (520 PS) bzw. 195.256 Euro für die S-Version (580 PS) der teuerste Turbo aller Zeiten. Doch für August Achleitner macht ihn diese einzigartige Kombination auch zum besten Elfer aller Zeiten. Allerdings weiß der Chef der Baureihe, dass dieser Superlativ wohl nicht lange halten wird: „Spätestens wenn es einen neuen Turbo gibt, ist es mit dieser Ehre wieder vorbei.“