Immer mehr Autofahrer nutzen das Smartphone als Wegweiser im Verkehr. Das kostet oft nicht mal einen Cent

Lohnt es sich heutzutage noch, 100 bis 200 Euro für ein Navigationsgerät auszugeben? Gewiss nicht für jeden. Wer jedoch Vielfahrer ist und höchste Ansprüche an die Bedienung stellt, wird das dezidierte Navi auch weiterhin nicht missen wollen. Gelegenheitsnutzer finden in vielen Smartphone-Lösungen aber meist eine ebenbürtige Alternative.

Sowohl bei der Zielführung als auch bei der Routenberechnung müssen sich Apps nicht verstecken, sagt Oliver Stauch von der Fachzeitschrift "connect". Sie haben klassischen Systemen sogar etwas voraus: "Vorteile gibt es bei der Online-Anbindung, die im Smartphone schon mit drin ist und daher Premium-Staudienste sehr einfach hinzugebucht werden können." Abstriche muss man aber manchmal bei der Ergonomie und Bedienung machen, sagt Stauch. Oft seien Smartphone-Displays noch kleiner als die fest installierter Systeme. Zudem können aufpoppende Fenster, eingehende Nachrichten oder App-Wechsel beim Autofahren Verwirrung stiften. Und es kann auch sein, dass Tonqualität oder Lautstärke der integrierten Smartphone-Lautsprecher eher bescheiden sind. Deshalb böten klassische Navis vor allem auch älteren Menschen Vorteile.

Zudem bringen die meisten Smartphones nicht das gleiche Zubehör mit. "So kommen Nutzer bei der Handy-Navigation um den Kauf einer Auto-Halterung nicht herum", sagt Wiebke Hellmann von der Zeitschrift "Chip". Auch die Anschaffung eines Kfz-Ladekabels ist notwendig, weil das GPS-Modul und das ständig aktive Display den Smartphone-Akku schnell entleeren.

Die Apps bieten dem Nutzer via Standortinformation und Internet interessante Zusatzfeatures, findet Hellmann. "Cool und klasse ist für viele sicherlich die Vernetzung zwischen Standortdaten und Nachrichtendiensten, um Freunden schnell mal die Position über Facebook zu schicken."

Bei Navi-Apps auf dem Smartphone unterscheidet man zwischen Onboard-Varianten mit dem gesamten Kartenmaterial im Handyspeicher und Offboard-Möglichkeiten, die immer nur die gerade benötigten Karten aus dem Netz laden. Vorteile der letzteren Lösung sind der oft günstigere Anschaffungspreis und weniger belegter Speicherplatz. Ein Nachteil ist die obligatorische Internetverbindung via Mobilfunk, die eine Datenflatrate erfordert und die Nutzung im Ausland verhindert oder sehr teuer machen kann. Das Offboard-Kartenmaterial auf den Servern der Anbieter ist übrigens nicht zwingend aktueller als das der Onboard-Lösungen, weiß Experte Stauch.

"Bei den Kaufversionen, die auf die renommierten Kartenhersteller Navteq und Tele Atlas setzen, handelt es sich um Onboard-Lotsen mit einer umfangreichen Abdeckung des Straßennetzes inner- und außerorts", erklärt Hellmann. App-Lösungen von Anbietern wie Navigon, TomTom, ALK, Sygic oder Route 66 sind ab 20 Euro zu haben.

"Ansonsten tun es die beigepackten Apps von Google, Nokia und Apple", nennt Stauch Offboard-Lösungen für Nutzer, die kein Geld investieren möchten. Experimentierfreudige können sich auch an günstige Open-Source-Lösungen wie Skobbler fürs iPhone (1,79 Euro) oder Navfree für Android (gratis) wagen: Aber Vorsicht: Hier sind nicht überall alle Straßen erfasst.

Sowohl bei klassischen Navis als auch bei Kauf-Apps gilt es darauf zu achten, ob oder wie lange das Kartenmaterial aktualisiert wird. Man sollte auch prüfen, ob ein über einfaches TMC hinausreichender Premium-Staudienst im Paket vorhanden ist oder extra abonniert werden muss. "Vor allem die Darstellung der Staus ist wichtig, so dass man die geplante Route und Behinderungen in einer Übersicht gut erkennen und die Alternativ-Vorschläge des Systems selbst bewerten kann", erläutert Stauch.

In einem Navi- und Navi-App-Test des ADAC aus dem Jahr 2012 schnitten alle vier getesteten klassischen Navigationsgeräte mit "gut" ab, während von acht geprüften Apps nur die Hälfte diese Note erhielt.