Volkswagen bringt eine neue Sportvariante des kleinen Golf-Bruders auf den Markt. Der Wagen schafft 243 km/h

Galt der VW Polo trotz des 180 PS starken GTI-Modells bis dato als brav und behäbig, gönnen die Niedersachsen dem kleinen Bruder des Golf jetzt einen ordentlichen Adrenalinstoß. Nicht nur, dass sie den bei der Motorsportabteilung zum Bodybuilder aufgerüsteten Kleinwagen mit Sébastien Ogier und Jari-Matti Latvala auf die Pisten der World Rallye Championship (WRC) schicken. Sie legen auch eine zivile Variante auf, dessen Auslieferung aber erst im September beginnt.

Ganz so scharf wie der echte Rallye-Polo ist der Flitzer für jedermann zwar nicht. Schließlich wird der Weltmeister-Kandidat von einem 1,6-Liter-Turbo mit rund 300 PS befeuert und von einem sequenziellen Sechsgang-Getriebe im Zaum gehalten. Doch wo der Polo GTI mit 1,4 Liter Hubraum und 180 PS auskommen muss, fährt das neue R-Modell mit dem vom Golf GTO bekannten Zweiliter-Turbo, der auf 220 PS getunt wurde und ihn zum stärksten Polo adelt, den es je gab.

Entsprechend imposant geht der kleine Volkswagen-Kraftmeier zur Sache: Gierig dreht der Motor hoch, Tempo 100 schafft man locker im zweiten Gang, der dritte geht bis 150, 160 Sachen - und spätestens auf einer langen Autobahngeraden im vierten Gang beginnt man über den Tacho zu grübeln: Reicht die Skala wirklich nicht umsonst bis 280 km/h?

Ganz so schnell ist der Polo dann zwar doch nicht. Aber bei Vollgas ist die Straßenversion dem Profi-Modell sogar weit voraus: Weil es in der Rallye vor allem um schnelle Kurven geht und die Strecke ohnehin nie lange gerade bleibt, schafft Ogiers Dienstwagen nur etwa 200 km/h. Das Straßenauto dagegen kommt auf 243 km/h und wird damit gleich auch noch zum schnellsten Polo aller Zeiten.

Damit diese Kraft halbwegs sauber auf die Straße kommt, gibt es ein tiefergelegtes Sportfahrwerk mit 215er-Reifen auf den markanten 18-Zoll-Felgen. Die haben aber zumindest im Winter ihre liebe Mühe mit dem mächtigen Drehmoment. Wer nicht ganz behutsam Gas gibt, sieht deshalb im Rückspiegel den Schnee spritzen und vor sich die ESP-Leuchte flackern wie das Warnlicht des Winterdienstes. Und auch sonst braucht der Polo R einen kundigen Piloten mit stierem Blick und festem Griff. Zwar hält die Elektronik die kleine Rennsemmel im Zweifel sicher in der Spur. Aber bis sie eingreift, tänzelt der Kraftmeier nervös wie ein Rennpferd über den Asphalt und will mit starker Hand auf der Ideallinie gehalten werden.

Während die Niedersachsen unter dem Blech kräftig nachgearbeitet haben und der Polo innen mit stärker konturierten Sitzen und einem griffigeren Lenkrad zumindest ein wenig sportlicher getrimmt wurde, halten sich die Änderungen an der Karosserie in engen Grenzen. Die dicken Backen des Rallye-Modells sucht man deshalb genauso vergebens wie den riesigen Heckflügel. Selbst die Aufkleber kann VW nicht mit verkaufen, weil die Hausjuristen offenbar Sorge um die Markenrechte haben. Deshalb müssen neue Schürzen, spezielle Felgen und ein paar bunte Streifen reichen, um den eiligen Exoten von der grauen Masse zu distanzieren.

Zwar gibt es vom Polo R WRC nur 2500 Exemplare, und gemessen am Dienstwagen der Rallye-Piloten ist der stärkste Serienpolo aller Zeiten noch immer ein Schnäppchen. Doch trotzdem sind 33.900 Euro einfach verdammt viel Geld für einen noch so kräftigen Kleinwagen.