Mercedes pflegt die Coupé- und Cabriokultur konsequent. Jüngstes Beispiel ist die frisch überarbeitete E-Klasse

Was war eigentlich zuerst da: Limousine oder Coupé, Kombi oder Cabrio? Aus historischer Sicht sind die Autos ohne Dach ganz vorn, denn früher war der Pferdewagen Vorbild. Man fuhr offen und ließ sich bestaunen, später gab es auch hübsche Modelle, bei denen der Chauffeur noch draußen im Wind saß, seine Passagiere es aber schon wohnlich hatten in ihrer eigenen Kabine. Aber irgendwann war das Auto so weit verbreitet, dass man beim Fahren nicht mehr zwischen Herr und Diener unterschied, die Limousine steht für die Demokratisierung des Fahrens.

So muss, wer sich heute wieder abheben will vom Fahrzeug der Massen, ein Coupé wählen oder ein Cabriolet. Das ist unpraktischer, kleinräumiger, und einen Chauffeur bucht man längst nicht mehr dafür - dennoch ist diese Spielart des Automobils die feinere, exklusivere und natürlich auch teurere.

Da überrascht es kaum, dass ein Hersteller wie Mercedes die Coupé- und Cabriokultur konsequent pflegt und der frisch überarbeiteten E-Klasse auch weiterhin edlere Varianten an die Seite stellt. Alle vier E-Modelle (Limousine, Kombi, Cabrio und Coupé) werden in wenigen Tagen in den USA bei der Detroit Motor Show offizielle Weltpremiere haben, in den Handel kommen sie im April.

Vor allem dem Coupé mit seiner deutlich sportlicheren Attitüde tut die neue Designausrichtung gut: Die nun wieder in einem Gehäuse zusammengefassten Scheinwerfer verleihen dem Auto gemeinsam mit dem wuchtigen Stern im Kühlergrill den nötigen Schuss Aggressivität. Und der Verzicht auf die ausgeprägte Falte über den hinteren Kotflügeln lässt es schlanker und leichtfüßiger wirken als den Vorgänger. Technisch sind Coupé und Cabrio eng verwandt mit der Limousine, nur die Auswahl an Motoren ist etwas kleiner, und der Radstand entspricht der C-Klasse. So gibt es zwar alle sechs Benziner von 184 bis 408 PS, aber bei der Dieselpalette verzichtet man auf drei von sechs möglichen Motorisierungen.

Die Preise der neuen E-Klasse veröffentlicht Mercedes noch nicht, in der jetzt noch aktuellen Generation bekommt man einen E 220 CDI mit 170 PS für 42.870 Euro, das Coupé liegt etwa ein Prozent darüber, und der Cabrio-Zuschlag liegt bei rund zehn Prozent. Für die überarbeitete Version des Open-Air-Modells hat es Mercedes beim klassischen Stoffverdeck belassen, aber die Technik zur Fahrtwindvermeidung weiter verfeinert.

So fährt das als Extra erhältliche Aircap (derzeit 821 Euro), eine Art Spoilerlippe im Rahmen der Windschutzscheibe, nun bei Geschwindigkeiten über 40 km/h automatisch aus und zieht sich unterhalb von Tempo 15 auch von selbst wieder zurück. Damit auch die Hinterbänkler, im Cabrio oft heftigen Verwirbelungen ausgesetzt, von der Wirkung des Aircaps etwas haben, passt der Abweiser seine Position automatisch an, sobald die hinteren Sicherheitsgurte geschlossen werden.

Neben dem aufwendigsten Windschutz überhaupt (die Nackenheizung Airscarf gibt es ja auch noch) bietet Mercedes für das Cabrio der E-Klasse und für das Coupé dieselben Assistenzsysteme an, wie sie in Limousine und Kombi zu haben sein werden. Das Besondere daran: Hier nimmt die E-Klasse schon einiges vorweg, was in früheren Generationen ganz standesgemäß zunächst der jeweils neuen S-Klasse-Generation vorbehalten gewesen wäre. Da das Mercedes-Flaggschiff aber auch noch dieses Jahr neu auf den Markt kommt, hält sich der technische Vorsprung des kleineren Modells aber in überschaubaren Grenzen.

Wichtigste Elektronikneuerungen sind die Verbesserungen der Unfallvermeidung. Alle E-Klasse-Versionen können (gegen Aufpreis) den Querverkehr oder auf die Straße laufende Fußgänger erkennen und notfalls voll bremsen, wenn der Fahrer das nicht rechtzeitig selbst tut. Außerdem gibt es weiterentwickelte Spurhaltetechniken: Das Auto erkennt Gegenverkehr und schubst sich selbsttätig wieder ein Stück nach rechts, wenn der Fahrer zu weit von der rechten Spur abkommt. Und im Stau kann die E-Klasse weitgehend von allein dem Vordermann folgen, inklusive Stop-and-Go. Das ist alles teuer und hochmodern, aber irgendwie auch wie früher: beim Fahren mit Chauffeur.